Karte 1803
Georg Philipp Freiherr von Hardenberg Georg Philipp Freiherr von Hardenberg

Georg Philipp Freiherr von Hardenberg
"Novalis"

geboren2.5.1772 in Gut Oberwiederstedt

gestorben25.3.1801 in Weißenfels

Schriftsteller

Georg Philipp Friedrich Freiherr von Hardenberg, der “Friedrich“, in der Familie auch “Fritz“ gerufen wurde und sich später nach einem ausgestorbenen Familienzweig “Novalis“ nannte, wurde am 2. Mai 1772 im kursächsischen Oberwiederstedt/Harz geboren. Sein Vater, Erasmus von Hardenberg, bewirtschaftete ein kleines Gut und war Berghauptmann für die Grafschaft Mansfeld. Er hatte sich nach dem Tod seiner ersten Frau, der ihm als göttliche Strafe für sein bis dahin geführtes Leben erschien, der Herrnhuter Brüdergemeine angeschlossen, und predigte der Familie einen asketischen Lebensstil, der nicht zu ihrem adligen Stand passte, aber der Realität entsprach, denn es musste sehr gespart werden, zumal die Kinderschar rasch wuchs. Die Familie Hardenberg sollte schließlich 10 Kinder haben. 1783, nach der Geburt des 6. Kindes, erkrankte die Mutter schwer und der 11jährige Friedrich wurde zu seinem Onkel Gottlob Friedrich Wilhelm von Hardenberg, Landkomtur des Deutschritterordens, auf Schloss Luckum in der Nähe von Braunschweig in Pflege gegeben, bis der Onkel fand, die Umgebung, die vornehmlich aus älteren Herren bestand, sei dem Kind auf Dauer nicht förderlich. 1785 nahm der Vater eine Stelle als Direktor der kursächsischen Salinen an und die Familie zog nach Weißenfels um. Friedrich von Hardenberg scheint von wechselnden Hauslehrern unterrichtet worden zu sein, bevor er seine Schulbildung von Juni bis Oktober 1790 am Luthergymnasium in Eisleben abschloss und in Jena, Leipzig und Wittenberg Jura und Kameralistik studierte. In Jena lernte er Friedrich Schiller kennen, bei dem er Vorlesungen in Geschichte hörte, in Leipzig traf er auf den Studienkollegen Friedrich Schlegel und einige andere Vertreter der frühen Romantik, und diese Begegnungen sowie die Lektüre der zeitgenössischen Theoretiker mochten ihn zum Schreiben motivieren, Einfluss auf seine Berufswahl hatten sie nicht.

Nach Abschluss des Studiums 1794 gelang es nicht, ihn im preußischen Staatsdienst unterzubringen, der sehr entfernte Verwandte, Minister Karl August von Hardenberg, war nicht bereit, sich für ihn einzusetzen. Deshalb trat Friedrich von Hardenberg seine erste Stelle als Aktuarius beim Kreisamt in Tennstedt an und lernte im selben Jahr im nicht weit entfernten Grüningen die damals 12-jährige Sophie von Kühn kennen, mit der er sich im darauffolgenden Jahr verlobte. 1796 trat er nach einem vierzehntägigen Kursus in Chemie eine Stelle als Akzessist bei der Salinendirektion in Weißenfels an und sein Vater wurde sein Vorgesetzter, der sich jeder Neuerung hartnäckig widersetzte, was reichlich Stoff zu Konflikten gab. Am 19. März 1797 starb Sophie von Kühn. Das Schuldgefühl des Vaters hat der Sohn nicht übernommen, obwohl er eine Todessehnsucht entwickelte, die ihn im Jenseits wieder mit der Braut zusammenführen sollte, die in den ersten Monaten nach ihrem Tod halluzinatorische Formen annahm und ihn auch später nie mehr ganz verlassen hat. Dennoch entschloss er sich noch im selben Jahr zu einem Studium der Geologie an der Bergakademie in Freiberg und verlobte sich im Jahr darauf mit Julie von Charpentier. 1799 kehrte er zurück nach Weißenfels und war als Protokollant bei der Inspektion der Salinen tätig, bevor er Ende des Jahres zum Salinen-Assessor ernannt wurde. Weißenfels war eine Kleinstadt mit weniger als 4000 Einwohnern, zwischen Leipzig, Jena und Weimar gelegen. Novalis, der in seiner Jugend dichtete

“Nein! Freunde kommt, lass uns entfliehen / Den Fesseln, die Europa beut, / Zu unverdorbenen nach Tahiti ziehen / Zu ihrer Redlichkeit“,

ist über die Region seiner Herkunft nicht hinausgekommen, nicht ins Ausland, nicht bis nach Berlin.

Wenn man bei Friedrich von Hardenberg an den Dichter Novalis denkt, der so bedeutend für die Romantik und zu einem Glücksfall in der deutschen Literatur- und Philosophiegeschichte wurde, sollte man sich klar machen, dass zu seinen Lebzeiten nur 5 kleine Texte von ihm veröffentlicht wurden: 1791 das Gedicht “Klagen eines Jünglings“ im “Teutschen Merkur“, 1798 in den neugegründeten “Jahrbüchern der preußischen Monarchie“ ein paar Gedichte unter dem Titel “Blumen“ und die kleine Aphorismensammlung “Glauben und Liebe“, außerdem in der von Friedrich Schlegel herausgegebenen Zeitschrift “Athenaeum“ 1798 “Blütenstaub“ und 1800 “Hymnen an die Nacht“. Eine Fortführung in den “Jahrbüchern“ wurde per Zensur unterbunden, nachdem Wilhelm III. keinen Gefallen an der Art und Weise gefunden hatte, wie Novalis ihm und Königin Luise huldigte. Man riet ihm zu einem neuen Pseudonym, wenn er weiter in Preussen publizieren wolle. Über eine Aufnahme in “Athenaeum“ entschied Friedrich Schlegel, der seinem Freund nicht unkritisch gegenüberstand. Seine erste Redaktion an den Hardenbergschen Texten war bekanntlich nicht gerade zimperlich. Er kürzte und zerstückelte das Material in seinem Sinne, mischte Texte von sich und anderen dazu, und behielt einiges für eine andere Gelegenheit zurück, die nicht kam.

Auch das berühmte "Romantikertreffen", das vom 11. bis 14. November 1799 in Jena stattfand, und an dem Friedrich Schlegel und seine Lebensgefährtin Dorothea Veit, Wilhelm August Schlegel und seine Frau Caroline, Ludwig Tieck und Frau, Friedrich Wilhelm Josef Schelling, Johann Wilhelm Ritter, Novalis und sein Bruder Carl von Hardenberg teilnahmen, sollte im Ergebnis für Novalis nicht überschätzt werden. Nachdem man tagelang seinen Text “Die Christenheit und Europa“ diskutiert hatte und sich nicht zur Aufnahme in “Athenaeum“ durchringen konnte, wurde Goethe herbeigerufen, der dringend dazu riet, den Hardenbergschen Text (samt eines Schellingschen Gegenentwurfes) im “Abyssus des Ungedruckten“ ruhen zu lassen, ein väterlicher Rat, der befolgt wurde. Nach dem 14. November erwartete den Dichter wieder “nüchterne Tätigkeit auf den Salinen in Kösen, Dürrenberg und Artern“. Seit Dezember 1799 Salinenassessor und Mitglied der Salinendirektion, wurde Novalis am 6.12. 1800 zum Supernumerar-Amtshauptmann für den Thüringischen Kreis ernannt, konnte die Stelle, um die er sich beworben hatte, aber nicht mehr antreten.

Er starb am 25. März 1801 29-jährig im elterlichen Haus in Weißenfels. Mit seinem Tod ordnete er sich wieder in die Familie ein. Von den 10 Kindern der Hardenbergs sind 8 im Alter zwischen 21 und 32 Jahren verstorben, ein Sohn wurde nur 13, einer 37 Jahre alt. Novalis war demnach der “Normalfall“ in dieser Familie. Die Geschichte der Familie Hardenberg und ihres posthum so berühmt gewordenen Sohnes wirft am Beispiel des Landadels ein grelles Licht auf die kursächsischen Lebensbedingungen am Übergang des 18. zum 19. Jahrhundert.

Georg Philipp Freiherr von Hardenberg