Karte 1803
Carl Gottlieb Suarez Friedrich Wilhelm I. von Preußen Friedrich II. von Preußen

1. Juni 1794    Gleiches Recht für alle? Was bringt das neue Landrecht?

Nach elfjähriger Arbeit tritt nun am 1. Juni 1794 endlich „Das Allgemeine Landrecht für die preußischen Staaten“ in Kraft. Das Gesetz mit etwa 19.000 Paragraphen hat eine lange Vorgeschichte. Schon der Soldatenkönig hatte 1721 von seinen Ministern ein einheitliches Gesetzeswerk verlangt. Die Arbeit daran verlief im Sande, wurde unter Friedrich dem Großen wieder aufgenommen und schließlich von den federführenden Autoren des Gesetzwerkes, vom Geheimen Oberjustizrat Carl Gottlieb Svarez und dem Großkanzler Johann Heinrich Kasimir Graf Carmer seit 1780 betrieben. Graf Carmers „Corpus Juris Fridericianum“ diente dann auch als Vorlage. Dieser erste Entwurf, 1783 veröffentlicht, wurde 5 Jahre diskutiert, überarbeitet und 1791 erstmals veröffentlicht. Nun gab es zu einigen Bestimmungen, in denen es um die Einschränkung der Machtvollkommenheit des Königs ging, von diesem heftige Kritik. Die betreffenden Stellen mussten korrigiert werden, so dass das Werk erst am 5.2.1794 publiziert werden konnte. Das neue Recht soll Gleichheit vor dem Gesetz, Rechtssicherheit und die Unabhängigkeit der Justiz garantieren:

„Die Gesetze und Verordnungen des Staates dürfen die natürliche Freiheit und Rechte der Bürger nicht weiter einschränken, als es der gemeinschaftliche Endzweck erfordert.“

Andererseits schreibt es das herrschende Patrimonialrecht fest, was bedeutet, dass nach wie vor der Gutsherr die Gerichtsbarkeit über seine Unterthänigen ausübt. So heißt es im §82, dass die Rechte des Menschen nicht nur durch seine Geburt, sondern auch durch seinen Stand entstehen. Und es klingt wie Augenwischerei, wenn vom freien Bürger, „außer der Beziehung auf das Gut, zu welchem sie geschlagen sind“ die Rede ist und es im nächsten Paragraphen heißst:

“Es findet daher die ehemalige Leibeigenschaft, als eine Art der persönlichen Sklaverei, auch in Ansehung der unterthänigen Bewohner des platten Landes, nicht statt.“

Die meisten Verbesserungen haben die Beamten für sich selbst ins neue Recht geschrieben. So kann fünf Jahre nach der Französischen Revolution wohl kaum von einer Justizreform die Rede sein, wohl eher von einer Zusammenfassung und Ordnung geltenden Rechts. Ein Gesetzwerk, das insbesondere die absoluten Rechte des Herrschers schützt:

„Das Oberhaupt des Staates, welchem die Pflichten zur Beförderung des gemeinschaftlichen Wohls obliegen, ist die äußere Handlung aller Einwohner diesem Zweck gemäß zu leiten und zu bestimmen berechtigt.“

Nimmt man dazu das Zensur-Edikt und das Religionsedikt von 1788, ist in praxi wohl eher ein Rückschritt als ein Fortschritt zu verzeichnen. Nach wie ist der König die einzige Person, die Gesetze erlassen darf, die allerdings von der Gesetz-Kommission geprüft werden müssen. Sind Gesetze einmal beschlossen, gelten sie für jeden, auch für den König. Immerhin bleibt das Allgemeine Preußische Landrecht in Preußen, ausgenommen die linksrheinischen Gebiete, in denen schon fortschrittliches französisches Recht gilt, im wesentlichen bis 1900 in Kraft

Selbst gehaltenes Protokoll Friedrichs II.

"Willkomm" im Zuchthaus

Berliner Zivilgerichtssitzung im 18. Jahrhundert