Karte 1763
Friedrich Wilhelm I. von Preußen Schwerid Redivanoff, Langer Kerl bei Friedrich Wilhelm I.

1. Mai 1733    Der Soldatenkönig macht Schluss mit dem Pressen von Soldaten

Von einer gefürchteten, einer “formidablen Armee“ verspricht sich Friedrich Wilhelm I. eine abschreckende Wirkung auf andere Mächte. In seinem politischen Testament von 1722 rät Friedrich Wilhelm I. seinem Nachfolger:

„Also müsset Ihr jährlich zum jetzigen Tresor 500.000 Taler beilegen, denn eine formidable Armee und ein großen Tresor, die Armee in Zeit von Not mobil zu machen, kahn Euch ein großs respeckt in die Weldt gehben und Ihr ein wordt wie andehre Puissancen (Mächte) mit reden Könnet.“

Das System, wie man eine solche Armee, die bis 1740 auf 80.000 Mann wächst, aufbringt, finanziert, in das ökonomische und soziale Gefüge des Staates integriert, wie man sie ausbildet und diszipliniert, hat der Soldatenkönig, wie er bald genannt wird, nahezu perfekt entwickelt. Zunächst geht es um die Sicherung des Personalbestandes. Die preußischen Werber sind in ganz Deutschland berüchtigt. So wehrt sich 1731 Hannover:

„Preußische und andere Werber... sollen als Straßen- und Menschenräuber, Störer des Landfriedens und Verletzer unserer Hoheit traktiert und, wenn sie schuldig befunden werden, am Leben gestraft werden. ... Wer einen preußischen Werber tot oder lebendig einliefert, erhält aus der Kreigskasse fünfzig Taler.“

Im Mutterland Preußen führt die brutale Zwangswerbung in den ersten Jahren der Regentschaft Friedrich Wilhelms I. zu einem Anwachsen der Desertation und der Landesflucht. Am 17.10.1713 erlässt der König ein Edikt, nach dem alle Untertanen, die ohne Erlaubnis das Land verlassen, wie Deserteure behandelt und mit dem Tode bestraft werden sollen. Dennoch desertieren Tausende aus der riesigen Kaserne Preußen, was den König, der sonst schnell ein Todesurteil fällt, zur Vernunft bringt. In einem Edikt verspricht er Straffreiheit. Tote Soldaten sind nicht nützlich und junge Männer im Ausland auch nicht.

Am 1.Mai 1733 wird das Kantonssystem eingerichtet. Jedes Regiment erhält ein ihm zugewiesenes Gebiet, aus dem es seinen Rekrutenbestand auffüllen kann. Die jungen Männer werden entrolliert, d.h. in Verzeichnisse eingetragen und ihren zukünftigen Regimentern zugeteilt. Zum Zeichen ihrer Registrierung müssen sie rote Büschel am Hut oder eine rote Armbinde tragen. Damit ist ihr Schicksal, ein Leben lang Soldat im Gefängnis Preußen zu sein, für immer besiegelt. Zwei aktiven Jahren folgen jährlich Beurlaubungen, die durch zwei Monate Reservistendienst unterbrochen werden. So bekommt die Landwirtschaft die dringend benötigten Arbeitskräfte.

Dem Adel ist es verboten, sich im Ausland anwerben zu lassen. Er ist verpflichtet in der königlich-preußischen Armee zu dienen. Die Söhne des Landadels stellen den Offiziersnachwuchs. Sie werden im Kadettenkorps erzogen, das 1730 die Bezeichnung "Königliches Bataillon" erhält.

Eine besondere Liebhaberei des Königs ist sein Garderegiment, die blauen Grenadiere, im Volksmund auch die langen Kerls genannt. 2500 lange Kerls hat er überall in Europa werben und kaufen lassen. Ein Mann kostet im Schnitt 600 Taler, größere 1000 und “Riesen“ mehrere 1000 Taler. Die Ausgabenbücher für sein kostspieliges Hobby hat der König vor seinem Tode verbrannt.

Werbeszene am Anfang des achtzehnten Jahrhunderts

Die Langen Kerls

Parade der Königl. Preußischen Armee 1730 in der Hasenheide in Berlin

Edikt bezüglich der Desertation, 1727