Karte 1922

Paul Singer

geboren16.1.1844 in Berlin

gestorben31.1.1911 in Berlin

Handlungsgehilfe

SPD

Stellv. Parteivorsitzender der SPD

Paul Singer wurde 1844 als Sohn jüdischer Eltern in Berlin geboren. Die bescheidenen Verhältnisse, aus denen er stammte, ließ er hinter sich, als er nach einer kaufmännischen Lehre sich immer weiter hocharbeitete und schließlich 1869 mit seinem Bruder eine Damenmäntelfabrik gründete. Sein politisches Wirken begann im Demokratischen Arbeiterverein, dessen Führer Johann Jacoby er Anfang der siebziger Jahre in die SPD folgte. Nach dem Inkrafttreten des Sozialistengesetzes 1878 engagierte er sich erfolgreich für die in die Illegalität abgedrängte Organisation der Partei. 1883 ließ er sich in die Berliner Stadtverordnetenversammlung wählen, bereits ein Jahr später auch in den Reichstag. Sein Sinn für Taktik und Praxis brachten ihm schon nach nur einem Jahr als Abgeordneter den Vorsitz der Reichstagsfraktion ein. 1890 wurde er auch noch zum Mitvorsitzenden der Partei gewählt.

In enger Mitarbeit mit August Bebel war Singer über 25 Jahre lang einer der Führer der Sozialdemokratischen Partei. Dabei ließ ihn seine radikale, revolutionäre Grundeinstellung häufig zäher als andere am streng oppositionellen Kurs der Partei festhalten. Zum Beispiel war er beharrlich gegen die Zustimmung zu Haushalten und gegen die Beteiligung an den im Dreiklassenmodus abgehaltenen preußischen Landtagswahlen. Andererseits suchte er nie durch Provokationen die anderen Parteien gegen die eigene aufzubringen und strebte sogar zuweilen eine begrenzte Kooperation mit ihnen an. Häufig tat er sich als Redner seiner Fraktion hervor, etwa als er enthüllte, dass der Berliner Polizeipräsident einen Lockspitzel einsetzte, der Arbeiter zu Terrorakten bewegen und damit die Sozialisten in Verruf bringen sollte. Als Antwort auf diese Enthüllung war er von 1887-90 aus Berlin ausgewiesen, was ihn zur Niederlegung seines Geschäftes zwang. Jedoch konnte der Polizeipräsident nicht verhindern, dass Singers Abreise und Rückkehr zu Triumphzügen wurden. Als Singer 1911 starb, erwiesen ihm eine Million Berliner Arbeiter die letzte Ehre.

Paul Singer