Karte 1922

1. November 1895: Lebende Photografien im Berliner Wintergarten

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Im Berliner Wintergarten, dem Varieté Friedrich-/Ecke Dorotheenstraße, führt der Schausteller Max Skladanowsky mit seinem selbstkonstruierten Doppelprojektor „Bioscop“ am 1. November 1895 erstmals seine „lebenden Photographien“ vor. So wird der Wintergarten zum ersten Kinosaal Preußens.

Eduard von Winterstein, der bald selbst vor einer Kamera stehen wird, berichtet von diesem Ereignis:

„Als ich im Jahre 1895 nach Berlin kam, war der ‚Wintergarten’ ein großes, in das Zentralhotel am Bahnhof Friedrichstraße hineingebautes Varieté...Auf der Bühne dieses Varietés erlebte ich zum ersten Mal das Wunder des Films. Das heißt, der Name Film existierte noch nicht für diese ‚lebenden Bilder’, die dort als Schlussnummer jeder Vorstellung gezeigt wurden. Immer war es eine kurze Szene meist humoristischer Art, zum Beispiel ein Kinderschlafzimmer, in dem sich die Kinder mit Kissen bombardierten, die zum Schluß platzten und einen Schneefall von durcheinanderwirbelnden Daunenfedern erzeugten, sowie ähnliche Scherze – meist drei bis vier Minuten dauernd... Mich rückerinnernd weiß ich nur, dass man plötzlich in Berlin, zuerst im Zentrum und im Norden der Stadt, in den Abendstunden an irgendeiner Ecke erleuchtete Eingänge zu einigen Lokalen sah, in die Leute hineinströmten. Für diese Lokale hatten die Berliner mit schlagartiger Geschwindigkeit einen neuen Namen erfunden: Kintopp.“

Mehrere Jahre hat Max Skladanowsky gemeinsam mit seinen Brüdern Emil und Eugen an der Entwicklung eines Aufnahme- und Projektionsgerätes gearbeitet. Mit seinem Projektor können abwechselnd zwei Filmstreifen belichtet und auf eine Leinwand projiziert werden.

In der Pankower Gaststätte Sello, Berliner Straße 27, wurden zwei Varieté-Direktoren auf die Arbeit der Skladanowskys aufmerksam und engagierten sie gegen ein monatliches Honorar von 2250 Mark für den Wintergarten.

Bereits 1892 hatte Skladanowsky damit begonnen, Momentaufnahmen herzustellen. Sie zeigten seinen Bruder Eugen bei Freiübungen. Skladanowskys Kamera kann über einen Mechanismus die Bewegungen seines Bruders in zahlreichen Einzelaufnahmen festhalten.

Zum Bau eines Projektors, der ihm die Vorführung seiner Kurzfilme vor einem größeren Publikum ermöglichen sollte wurde Skladanowsky von seiner Bank der notwendige Kredit nicht gewährt. Der findige Konstrukteur schnitt daraufhin die Einzelbilder seiner Filmstreifen auseinander, legte sie übereinander und ließ sie mit dem Daumen schnell nacheinander abblättern.

Dieser „Taschenkinematograph“ wird ein so großer Verkaufserfolg, daß Skladanowsky daraus den Kauf eines Filmprojektors finanzieren kann.