Karte 1922

Johann Jacoby

geboren1.5.1805 in Königsberg

gestorben6.3.1877 in Königsberg

Arzt, Publizist

Sozialdemokrat

Johann Jacoby wurde 1805 als Sohn eines kleinen Kaufmanns in Königsberg geboren. Als er sieben Jahre alt war, wurde das Emanzipationsedikt für die preußischen Juden erlassen, das ihnen weitgehende Gleichberechtigung gewährte. In seiner Heimatstadt studierte er Medizin und ließ sich dort 1827 als praktischer Arzt nieder. Als 1830 der polnische Aufstand gegen die russische Herrschaft ausbrach, leistete er den Aufständischen medizinische Hilfe.

Als Jude hatte Jacoby neben der allgemeinen Unfreiheit auch unter den Vorurteilen seiner Mitmenschen zu leiden. Hochschul- Militär- und Beamtenlaufbahn waren den Juden trotz theoretischer Gleichstellung verboten. Jacoby hatte also ein doppeltes Interesse an Emanzipation und Mitbestimmung: „Wie ich selbst Jude und Deutscher zugleich bin, so kann in mir der Jude nicht frei werden ohne den Deutschen und der Deutsche nicht ohne den Juden...“

Ende der dreißiger Jahre schloss sich Jacoby der radikalen Demokratie an. Nachdem sich die Hoffnungen auf eine Liberalisierung unter dem neuen König Friedrich Wilhelm IV. zerschlagen hatten, forderte er 1841 in der Flugschrift „Vier Fragen beantwortet von einem Ostpreußen“ die Einlösung des Verfassungsversprechens und wurde durch das Pamphlet in ganz Deutschland zu einem berühmten Mann. Er wurde vor Gericht gestellt und erst zu zweieinhalb Jahren Festungshaft verurteilt, bis ihn dann aber ein liberaler Richter in zweiter Instanz freisprach. Das gleiche wiederholte sich vier Jahre später, als er in Briefen an preußische Provinziallandtage eine Gesamtvertretung angemahnt hatte.

1848 gehörte er zum Vorparlament und war der einzige Jude im Fünfzigerausschuß. In das Paulskirchenparlament wurde er jedoch nicht gewählt, da er für die Abtretung Posens an einen noch zu schaffenden polnischen Staat eingetreten war und sich so der nationalistischen Agitation ausgesetzt hatte. Immerhin erhielt er ein Mandat für die preußische verfassungsgebende Versammlung. Nach dem Sieg der Reaktion und Auflösung der Versammlung gehörte er der Abordnung, die den König noch einmal auf den Ernst der Lage hinweisen wollte. Dann wurde er in die neu geschaffene zweite preußische Kammer gewählt die aber schon im April 1849 wieder aufgelöst wurde. Schließlich rückte er noch als Ersatzmann in die Nationalversammlung auf, die dann ebenfalls bald aufgelöst wurde – die dritte Auflösung für Jacoby. Er floh zunächst in die Schweiz, kam dann aber freiwillig zurück und wurde wegen Hochverrats vor Gericht gestellt. Die Geschworenen sprachen Jacoby frei.

1863 wurde er in die zweite Kammer des preußischen Abgeordnetenhauses gewählt. Er verweigerte der Regierung Bismarck das Budget und rief zur allgemeinen Steuerverweigerung auf, was ihm ein dreiviertel Jahr Haft einbrachte.

Als Bismarck im Bürgertum auf immer mehr Zustimmung stieß, näherte sich Jacoby der Arbeiterbewegung an. Er gründete die linksbürgerlich demokratische Volkspartei, als deren Führer er sich gegen die Annexion Elsass-Lothringens aussprach, was ihm noch einmal sechs Wochen Festungshaft einbrachte. Schließlich erkannte er die Legitimität der bis dahin entstandenen Arbeiterbewegung an, die seiner Partei die Massenbasis streitig machte. Während des Hochverratsprozesses gegen Wilhelm Liebknecht und August Bebel trat er dann demonstrativ zur Sozialdemokratischen Arbeiterpartei über.

Er starb 1877 in Königsberg.

Johann Jacoby