Karte 1922

Bethel Henry Strousberg
"Eisenbahnkönig"

geboren20.11.1823 in Neidenburg

gestorben31.5.1884 in Berlin

Kaufmann

Als zwölfjähriger Junge ging Barthel Heinrich Strausberg, aus einem jüdischen Elternhaus stammend, nach London, um im Exportunternehmen seiner Onkel Gottheimer in die Lehre zu gehen. Er anglisierte seinen Namen und trat zum Christentum über. Neben dem Studium der englischen Finanz-, Banken- und Versicherungswelt sammelte er als Journalist Kenntnisse des englischen Parlamentarismus und der Börse. Nach einem einjährigen USA-Aufenthalt ging er 1855 mit seiner Familie nach Berlin.

Hier widmete er sich mit seiner ganzen Kraft dem Eisenbahnbau bzw. dessen Finanzierung.

Strousberg gelang es, die ständige Kapitalknappheit durch damals neuartige unternehmerische Ideen zu überwinden. Für seine zahlreichen Eisenbahnbau-Gesellschaften gewann er als Aushängeschild bedeutende und wohlhabende Adelige seiner Zeit, wie z.B. Fürst Pückler oder den Fürsten zu Lynar für die Berlin-Görlitzer Eisenbahnlinie. Diese Herren stellten ihren guten Namen zur Verfügung und wurden dafür von Strousberg fürstlich entlohnt. Im autoritätsgläubigen Obrigkeitsstaat Preußen sorgten diese Namen für ein Vertrauensvorschuß in die verschiedenen Eisenbahnprojekte. Die Gelder zahlreicher Anleger flossen und halfen ebenso bei der Konzessionsbewilligung durch den Staat.

Preußen wurde mit dem Bau der Eisenbahnlinien in kurzer Zeit wirtschaftlich erschlossen, der Weg Berlins von der relativ unbedeutenden Residenzstadt zur Weltmetropole beschleunigt.

In der „sozialen Frage“ gehörte Strousberg zu den Pionieren seiner Zeit: er verkürzte in seinen Unternehmen die tägliche Arbeitszeit von zwölf auf zehn Stunden mit vollem Lohnausgleich, errichtete in Hannover eine Wohnstadt für seine Arbeiter, baute Kantinen und den ersten Betriebskindergarten. Mit vielen seiner unternehmerischen Aktivitäten war er seiner Zeit oft so weit voraus, daß sie nicht selten am Unverständnis seiner Zeitgenossen scheitern mußten.

Auf dem Höhepunkt seiner Erfolge als Eisenbahnmagnat bricht sein Imperium im Jahre 1872 zusammen. Mit dem Bau einer rumänischen Eisenbahnlinie kommt der Konkurs. Alle Versuche eines Neubeginns scheitern. Strousberg starb verarmt in einem Hotel in der Berliner Taubenstraße. Beigesetzt wurde er auf dem Alten Kirchhof der Matthäus-Gemeinde, Großgörschenstraße 12-14 (Schöneberg).

Bildnis des "Eisenbahnkönigs" Bethel Henry Strousberg zu Pferde