Karte 1803

1799 - Skandal in Berlin um Schlegels Enthüllungsroman „Lucinde“

Collage  Caroline Schlegel - Schelling Bildnis der Dorothea Schlegel, geb. Mendelssohn  Friedrich Schlegel August Wilhelm Schlegel Titelblatt des 1799 erschienen Romans "Lucinde" von Friedrich Schlegel Titelblatt des 1799 erschienen Romans "Lucinde" von Friedrich Schlegel Titelblatt des 1799 erschienen Romans "Lucinde" von Friedrich Schlegel Monolog des Hamlet, Übersetzung von A.W.Schlegel Wilhelm Joseph von Schelling  Schlegels Niederschrift seines Gedichtes "Gelübde"  Schlegels Niederschrift seines Gedichtes "Gelübde"

Die wohl berühmteste Saloniere im Berlin des ausgehenden 18.Jahrhunderts ist die jüdische Intellektuelle Henriette Herz. Ihre Intelligenz, ihr Gefühl für die neuesten literarischen Trends und ihre Schönheit machen ihren Salon Spandauer und später in die Neue Friedrichstraße 22 bald zu einem Treffpunkt der deutschen Romantik. „Hatten sich schon in Halle die Studenten haufenweise meinem Fenster gegenüber versammelt, so konnte es mir nicht minder verborgen bleiben, daß ich in Leipzig größte Aufmerksamkeit erregte...“. Unter ihren Gästen: die Humboldts, Tieck, Novalis und Chamisso, Jean Paul, aber auch Prinz Louis Ferdinand von Preußen. Als eines Tages der Dichter Friedrich Schlegel erscheint, löst das einen der meistdiskutierten Berliner Skandale der Jahrhundertwende aus: „Nun aber kam Friedrich Schlegel nach Berlin. Er war mir durch Reichardt zugewiesen worden, und bei mir sah er seine nachherige Frau zum ersten Male. Doch sogleich bei diesem ersten zufälligen Zusammentreffen machte sie einen so gewaltigen Eindruck auf ihn, daß er selbst mir bemerkbar wurde. Nicht lange, und das Gefühl war ein gegenseitiges, denn Schlegel konnte in der Tat ein liebenswürdiger Mann genannt werden und mußte allen Frauen gefallen, welchen er gefallen wollte.“

Die Liebe auf den ersten Blick endet mit der Scheidung Dorothea Veits, die bald darauf mit Friedrich in der Ziegelstraße in wilder Ehe lebt. Der Skandal ist perfekt, als 1799 Schlegels Roman „Lucinde“ erscheint, in dem der Autor das Liebesverhältnis zwischen Lucinde und Julius schildert, und dabei auch Erotik nicht ausspart. Über ihre Liebesspiele schreibt er: “Eine unter allen ist die witzigste und die schönste: wenn wir die Rollen vertauschen und mit kindischer Lust wetteifern, wer den andern täuschender nachäffen kann, ob dir die schonende Heftigkeit des Mannes besser gelingt, oder mir die anziehende Hingebung des Weibes. ...Es liegt viel darin, und was darin liegt, steht gewiß nicht so schnell auf wie ich, wenn ich dir unterliege.“

Alle glauben, dass Schlegel im Roman die Liebesabenteuer mit Dorothea verarbeitet hat. Nur die eitle Henriette, die wohl Schlegel gern selbst gehabt hätte, mag sich das nicht vorstellen : „Dies war geradehin lächerlich. An Dorothea war nichts zur Sinnlichkeit reizend. Nichts war schön als das Auge, aus welchem freilich ihr liebenswürdiges Gemüt und ihr blühender Geist strahlten, aber sonst auch gar nichts, nicht Gesicht, nicht Gestalt, ja nicht einmal Hand und Fuß, welche doch an sonst unschönen Frauen mitunter wohlgeformt sind.“ August Schlegel ergeht es genau umgekehrt wie seinem Bruder Friedrich: Der Philosoph Schelling spannt August dessen Frau Caroline aus und heiratet sie später. Getreu dem romantischen Motto: Die Liebe geht über alles.