Karte 1618

"Preußen - Chronik eines deutschen Staates"

6. Republik, Nazi-Herrschaft und Untergang (1918 - 1947)

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Katharina Thalbach:


"Der Kaiser ist verjagt, die Revolution hat gesiegt. Für Preußen, so scheint es, hat das letzte Stündlein geschlagen. Doch Totgesagte leben länger. Noch einmal überdauert der Begriff Preußen eine Zeitenwende. In der Republik von Weimar erlebt Preußen eine letzte, eine demokratische Blüte. Das mag manchen versöhnlich stimmen nach all dem Kasernenton und Kanonendonner.
Vorhang auf für den letzten Akt. Das große Finale... Doch soviel sei vorweg gesagt: Es gibt, wie so oft in der Geschichte, kein Happy End."

Preußen zerschlagen? Oder als demokratische Festung im neuen, deutschen Reich aufrichten? Darüber wird in der Republik von Weimar erbittert gestritten. Wem gehört Preußen? Die Sozialdemokraten, stärkste politische Kraft der frühen Jahre, wollen aus Preußen einen vorbildlichen deutschen Staat machen, die Monarchisten wollen ihren alten Kaiser Wilhelm wiederhaben und wählen sich einen Ersatzkaiser: Paul von Hindenburg, Ex-General, Junker und nun Reichspräsident. Und die Rheinländer, an ihrer Spitze der Kölner Bürgermeister Konrad Adenauer, wollen "Los von Berlin!" und eine eigene westdeutsche Republik gründen. Keine guten Voraussetzungen für ein starkes Preußen bei all der Not nach dem Krieg und mit den erdrückenden Lasten des Versailler Vertrages.

In Preußen stellen die Sozialdemokraten die Regierung, und es gelingt ihnen trotz politischer Instabilität und wirtschaftlicher Not, den Freistaat zu einem demokratischen Gemeinwesen umzugestalten. Otto Braun, der knorrige Ministerpräsident, wird bald der "rote Zar" genannt. Doch die Sehnsucht nach klaren Verhältnissen und einer starken Führung ist groß in der preußisch-deutschen Bevölkerung, und sie steigt dramatisch in den Krisenjahren der Republik. Ein "Kabinett der Barone" setzt 1932 in einem Staatsstreich die demokratische Regierung Preußens kurzerhand ab.

Vom Streit zwischen Demokraten, Kommunisten und Monarchisten profitiert am Ende eine neue Kraft: der Nationalsozialismus. Hitler übernimmt die Macht und zelebriert am "Tag von Potsdam" im März 1933 die Verbindung von Preußentum und Faschismus. Sein "Drittes Reich" beruft sich zwar propagandistisch immer wieder auf das alte Preußen, doch Preußen ist längst gleichgeschaltet und dem "Führerstaat" eingegliedert. Gleichwohl bleibt für viele Menschen Preußen "die Wurzel allen Übels", wie Winston Churchill meint. In diesem Sinne wird der Staat Preußen nach dem Sieg über Nazi-Deutschland von den Siegermächten 1947 aufgelöst. Preußen ist fortan nur noch ein historischer Begriff.

[Manuskript zur Sendung/Druckversion]