Jérôme Bonaparte
"König Lustik"
15.11.1784 in Ajaccio
24.6.1860 in Villegenis
Offizier
1807 bis 1813 König von Westfalen
Jérôme Bonaparte wurde 1784 in Ajaccio auf Korsika geboren. Er war der jüngste Bruder von Napoleon Bonaparte, und wie dieser erhielt er seine Schulausbildung in Frankreich. Im Jahr 1800 trat er in die französische Marine ein und kämpfte als Offizier in Westindien und Nordafrika. 1806/07 nahm er am schlesischen Feldzug gegen Preußen teil. Im Juli wurde der Frieden von Tilsit zwischen Frankreich, Russland und Preußen geschlossen. Frankreich und Russland teilten Europa in eine östliche und westliche Einflusssphäre auf, während Preußen auf den Rang einer zweitklassigen Macht zurückgestuft wurde. Unter anderem verlor es seine rechtsrheinischen Gebiete an das neugeschaffene Königreich Westfalen, dessen König Jérôme wurde. Um der neuen Würde ein Stück Legitimität zu verleihen, zwang Napoleon seinen Bruder, 1803 seine Ehe mit der Amerikanerin Elisabeth Patterson zu lösen und die württembergische Prinzessin Katharina zu heiraten. Das Königreich Westfalen sollte ein Musterstaat im Herrschaftsbereich Napoleons werden, und Jérôme brachte durchaus die für dieses Ziel erforderlichen Fähigkeiten mit. Gemäß dem napoleonischen Grundsatz, dass zwar alle persönlichen, nicht aber alle politischen Freiheiten zu gewähren sind, führte er den Code Napoléon ein, was die Schaffung eines fortschrittlichen Gerichtswesens, die Abschaffung der Patrimonialgerichte und die Aufhebung der Leibeigenschaft sowie die Gewerbefreiheit mit sich brachte. Dennoch waren die Reformen nur begrenzt erfolgreich, da der ständige Geldbedarf Napoleons für seine Kriege das Land wirtschaftlich ausbluten ließ. Dazu hat auch, wenn auch nicht hauptsächlich, die Verschwendungssucht „König Lustigs“ – man bedenke seine jugendliches Alter – und seines Hofes in Kassel beigetragen.
Mit der Niederlage Napoleons kam 1813 auch das Ende des Königreichs Westfalen. Jérôme blieb im Gegensatz zu seinem kaiserlichen Bruder von der Revanche der Sieger verschont und lebte unbehelligt als Fürst von Montfort in verschiedenen Orten Europas. Nach der Revolution 1848 kehrte er nach Frankreich zurück und wurde 1850 Marschall von Frankreich. Unter seinem Neffen Napoleon III. Bonaparte wurde er Senatspräsident. Er starb 1860.
