Sendemanuskript: Preußen - Chronik eines Deutschen Staates
3. Von der Reformzeit zur Revolution (1786 - 1848)

Autor: Axel Bornkessel

Anmoderation:

Der König ist tot, es lebe der König. Friedrich der Zweite, der Alte Fritz, ist gestorben. Mit Härte und Disziplin hat er seinen Staat regiert, und er hat Preußen mächtig gemacht, vor allem durch viele Kriege. Nun besteigt sein Neffe den Thron. Friedrich Wilhelm der Zweite. Er ist zwar korpulent, aber kein Mann von Format. Den dicken Lüderjan nennen ihn seine Untertanen: ein wankender Herrscher in einer unruhigen Zeit. Die umwälzenden Veränderungen wird er nicht aufhalten können. Mit einer Revolution soll der nun folgende Teil unserer Preußischen Chronik beginnen und mit einer Revolution wird er enden.

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Potsdam, das Marmorpalais am Heiligen See, die neue Residenz von Friedrich Wilhelm II.1786 wird er König von Preußen. Er ist anders als sein Onkel, der alte Fritz: Er ist ein schwacher Monarch in einem mächtig gewordenen Staat.

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Bilder aus dem Preußen seiner Zeit, gesehen von Daniel Chodowiecki, dem großen Berliner Illustrator.

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Er porträtiert ein Land im Stillstand, Günstlinge und Mätressen bestimmen die Politik. Es herrscht althergebrachtes Standesdenken. Jedem das Seine ist oberster Grundsatz. Dabei wissen die, die die Arbeit machen, inzwischen längst, was für sie gut und richtig ist. Politische Rechte aber haben sie nicht. Immerhin ist auf die Verhältnisse Verlass: Das Land hat jetzt ein einheitliches Rechtssystem.

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Der neue König liebt die Künste. Auch wenn seine Kassen immer leer sind, verdankt ihm Berlin eine Reihe klassizistischer Bauten. Der Französische Dom ist gerade fertig. Und das Brandenburger Tor entsteht. Damals heißt es noch Friedenstor. Denn die Zeit der Kriege wird in Preußen fürs erste vorbei sein.

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Auch wenn im neutralen Preußen Ruhe herrscht - anderswo in Europa gärt es, wird das Unterste zu Oberst gekehrt. Unerhörtes geschieht: Friedrich Wilhelm II. erfährt vom Umsturz in Frankreich: Dort schicken Revolutionäre den König von Frankreich aufs Schafott. Das ist 1793.

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Und sein Nachfolger auf dem Preußenthron, Friedrich Wilhelm III., hört wenige Jahre später, wie in Paris ein General per Staatsstreich an die Macht kommt : Napoleon Bonaparte.

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Der Putschist aus Korsika krönt sich zum Kaiser, das ist 1804. Eine Bedrohung für die alten Mächte Europas.

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Katharina Thalbach:

Napoleon. Er war der starke Mann, der in Frankreich Schluß mit dem Terror machte, denn Unruhe ist bekanntlich schlecht für die Geschäfte. Er schaffte es, was die französischen Bürger brauchten, nämlich klare Verhältnisse und Freiheiten. Und die setzte er mit Gewalt durch, nach innen und nach außen.

Tja, warum auch nicht. Der Krieg, der brachte Ruhm und Macht, und mit dem Krieg ließ sich gut Geld verdienen. Für den Krieg da wurden Straßen gebaut und dadurch gingen die Geschäfte noch besser. Der Krieg, der Krieg. Er war es, der die Verhältnisse in manchen Teilen des alten Europa änderte. Voilà!

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Preußen wird in einen neuen Krieg verwickelt. Bei Jena und Auerstedt im Thüringischen erlebt der so mächtige Staat eine katastrophale Niederlage. Das ist 1806.

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Napoleon zieht durchs Brandenburger Tor in Berlin ein. Die wenigen Sympathien, die die Franzosen noch haben, sind schnell verspielt. Preußen geht unter den Kosten der Besatzung fast zu Grunde.

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Nicht nur die Berliner erleben die Fratze der Fremdherrschaft. Noch weiß Napoleon nicht, dass seine Tage gezählt sind.

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Der Sommersitz Paretz, auf dem König Friedrich Wilhelm III. mit seiner Luise immer wieder einige Tage verbringt: Rückzug ins bürgerliche Idyll. Doch jetzt ist Napoleon in Berlin und Paretz zu nah für einen solchen Rückzug. Der Preußenkönig weiß nicht, wie er dem französischen Eroberer begegnen soll und weicht ihm aus - nach Ostpreußen.

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Es sind Jahre der Lähmung. Dabei wächst draußen im Land der Widerstand gegen die Franzosen, wächst die Hoffnung auf den König und seine Familie.

6:02

Da ist sein ältester Sohn, der zukünftige König Friedrich Wilhelm IV. Und seine jüngeren Brüder: Wilhelm, links im Bild, wird ihm auf den Thron folgen.

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Und dann gibt es sie: Luise, die Königin, das Idol aller freiheitsliebenden Preußen. Sie stirbt jung, ein nationales Trauerspiel. Das ist 1810.

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In diesen turbulenten Zeiten bleibt in Preußen die alte Ordnung unangetastet. Der König sieht sich von Gottes Gnaden eingesetzt und seine Untertanen haben den Platz in der Welt einzunehmen, der für sie ausersehen ist. Dabei gewinnen anderswo in Deutschland die Bürger mehr und mehr an Einfluss: Dort, wo die Franzosen schon seit über einem Jahrzehnt das Sagen haben.

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Im Königreich Preußen ziehen sich die Gebildeten in Klubs und Salons zurück, besinnen sich auf die inneren Werte. Edle Einfalt, stille Größe: Berlin verändert sich derweil, wird schöner und weltläufiger. Schinkel entwirft öffentliche Bauten, darunter sogar ein Kaufhaus, das einmal unter den Linden stehen soll.

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Oder ein Lagerhaus, an der Spree gelegen.

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Auf der Schlossbrücke symbolisieren die antiken Körper die alten klassischen Ideale. In humanistischem Sinne soll die Jugend erzogen werden. Wenn schon das Land französisch besetzt und materiell am Ende ist, so soll wenigstens in die Köpfe und Herzen der neue Geist einziehen. Der Sieg der Franzosen bewirkt nun auch in Preußen Reformen: Ein einheitliches Bildungssystem für alle wird eingeführt. 1810 erhält Berlin eine Universität. Preußens Bildungsreform prägt auf lange Zeit das Geistesleben des neuen Jahrhunderts.

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Berlins Ruf als Stadt der klassischen Künste entsteht in diesen Jahren: Das Alte Museum am Lustgarten, gebaut nach Schinkels Plänen - "Spree-Athen".

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Doch nicht nur Bildung und Verwaltung werden in Preußen reformiert: Das Land zieht aus der Katastrophe von Jena und Auerstedt auch militärische Konsequenzen. Und hier zeigt sie sich, die alte Meisterschaft der Preußen: Die Erneuerung des Heeres ist die erfolgreichste seiner Reformen.

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Nicht mehr adlige Vorrechte zählen, sondern allein die Leistung. Der Dienst an der Waffe gilt für alle - vom König bis zum letzten Untertan. Vor allem Bürgerliche sind angesprochen. Sie können fortan Offiziere werden.

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Noch steht der Feind im Land, Preußen darf nur ein kleines Heer unterhalten. Aber die Reformer haben Verstärkung eingeplant: Wer nicht regulär dient, wird zur Landwehr eingezogen.

9:46

Als letzte Reserve sollen die Massen mobilisiert werden, der Landsturm. Ihm schließt sich der berühmte Philosoph Fichte an.

10:01

Die nationale Begeisterung ist groß, immer mehr Freiwillige melden sich, "Lützows wilde verwegene Jagd" beginnt.

10:12

1813 ist es soweit: Preußen verbündet sich mit Russland und Österreich, sie schlagen Frankreichs Truppen in der Völkerschlacht bei Leipzig. Und im Jahr darauf erobern die Alliierten Paris. Napoleons Herrschaft geht zu Ende.

10:33

Preußen, wie es unter Napoleon war. Es hat sich rechtzeitig auf die Seite der Gewinner geschlagen. Auf dem Wiener Kongress wird Europa neu geordnet. Preußen profitiert beim großen Umverteilen von Land und Besitz.

10:46

Im Jahr 1815 bekommt es große Gebiete im Westen, die neuen Provinzen Rheinland und Westfalen. Die vielen Fürstentümer schließen sich zum Deutschen Bund zusammen, geführt von Österreich und von Preußen.

11:05

Aber die feudalen Verhältnisse ändern sich nicht. Eine bittere Karikatur der Zeit: Ein deutscher Denkerclub, dem jegliche Meinungsäußerung verboten ist.

11:26

In Preußens Provinzen am Rhein vollzieht sich eine neuartige Revolution: Der Fabrikant Friedrich Harkort lässt seine Maschinen in einen verfallenen Burgturm laufen - das alte Gemäuer ist gut genug für Dreck und Lärm. Stadt und Burg Wetter bei Hagen sind Keimzelle einer Industrieregion.

11:55

Die Dampfmaschine - sie bestimmt das Tempo der Zeit. Diese Technik, stärker als alle Maschinen zuvor, verändert das Gesicht Europas, und das radikaler als alle Umstürze vorher.

12:17

Preußen hat inzwischen die Gewerbefreiheit eingeführt. Das fördert in Berlin, in Schlesien und in den neugewonnenen westlichen Provinzen den Unternehmungsgeist, den französische Flüchtlinge und französische Besatzer einst mitbrachten.

12:47

Die größte Dynamik entwickelt die Textilindustrie. Sie verändert die Arbeitswelt: Nicht mehr die Zünfte bestimmen wie seit alters her das Berufsleben, sondern die Maschine. Jeder, der Geld verdienen will, drängt in die Fabriken, als ungelernter Handlanger. Handwerkliches Können scheint nicht länger gefragt.

13:20

So entscheidet sich in den neuen Industriegebieten das Schicksal des Landes: Preußen weiß die industrielle Revolution hier zu nutzen.

13:31

In Bonn wird 1818 die Friedrich-Wilhelms-Universität gegründet, seit 7 Jahren gibt es auch in Breslau eine Universität.

13:41

Naturwissenschaften sind in Bonn besonders wichtig, Techniken des Erz- und Kohleabbaus werden hier entwickelt.

13:55

Neue Verkehrswege entstehen: Der Rhein wird als Schifffahrtsweg ausgebaut. Schleusen und Kanäle machen unabhängig vom Wasserstand. Duisburg, wo die Ruhr in den Rhein mündet, ist Preußens neuer Binnenhafen.

14:21

Im weiten Ruhrtal hallen die Sirenen der ersten Dampfschiffe. 1834 fallen im Deutschen Bund die Zollschranken - Preußen setzt das durch. Ein einheitlicher Wirtschaftsraum entsteht.

14:51

Und dann kommt sie, die dem ganzen System neue Schubkraft gibt - die Eisenbahn. Für sie braucht das Land noch mehr Kohle, noch mehr Erz.

15:11

Überall in Preußen und im Deutschen Bund breitet sich ein Eisenbahnnetz aus, durch Täler und über Viadukte, nahezu explosionsartig: Innerhalb von nur fünfzehn Jahren.

15:28

Auch zwischen der Residenz Potsdam und Berlin gibt es einen Schienenweg. Der Potsdamer Bahnhof 1838.

15:40

Die Lokomotiven kommen aus Borsigs Maschinenfabrik in der Chausseestraße. Berlin, die neue Industriestadt, gesehen vom Kreuzberg

15:58

In der Großstadt schaffen die neuen Freiheiten Gewinner und Verlierer: Nicht jeder Geselle will noch Meister werden, denn längst hat das Handwerk keinen goldenen Boden mehr. Die Fabriken produzieren schneller und billiger, was der Bürger braucht.

16:20

Die Zahl der Ungelernten und Schlechtbezahlten wächst. Und so mag in mancher deutschen Schusterstube ein Bild von dem hängen, der als starker Mann für klare Verhältnisse sorgte - früher, als alles noch einfach war: Napoleon.

16:40

Katharina Thalbach:

Proletarier:

Weg mit dem alten Plunder, weg mit dem alten Zopf. Es lebe der Fortschritt.

Frau Biedermeier:

Fortschritt? Freie Bahn dem Tüchtigen. Und Fleiß reimt sich bekanntlich auf Preis.

Proletarier:

Ja, ja, ja, ja, ja, genau. Bei den Biedermeiers da glaubt man an den Fortschritt, solange der eigene Vorteil damit verbunden ist. Aber ob man das wirklich Fortschritt nennen kann, wenn den Untertanen gleichzeitig das Maul verboten wird? Was nützt denn alle Handelsfreiheit, wenn es sonst nicht freiheitlich zugeht. Wenn Kritik und Opposition verboten sind, und dann die Zensurbehörde bei den Zeitungen und die Polizei mit den Steckbriefen und mit den Spitzeln.

Frau Biedermeier:

Man muß sich eben arrangieren. Und mit der Politik haben wir nichts am Hut. Das häusliche Glück ist eben doch noch das höchste.

Und so endet der Fortschritt für Frau Biedermeier am heimischen Herd.

Nichts da mit großer Nation, längst verflogen die Blütenträume der Befreiungskriege. Herr Biedermeier macht eifrig Geschäfte, beim Bau von Eisenbahnen zum Beispiel. Die Eisenbahn, die steht jetzt unter Volldampf, ihr gehört die Zukunft und sie bringt Geld. Das reicht fürs erste.

18:12

Solange in Preußens Manufakturen die Schornsteine rauchen, lässt es sich wunderbar träumen: In der Potsdamer Residenz hat sich Prinz Friedrich Wilhelm einen Palast ganz im Stil des klassischen Altertums bauen lassen: die Römischen Bäder und Schloss Charlottenhof.

18:35

Der Prinz ist ein Romantiker; einer, der das Land der Griechen mit der Seele sucht und es in den hohen Norden importiert.

18:57

Als Friedrich Wilhelm III. 1840 stirbt, wird seinem Sohn von den preußischen Ständen gehuldigt. Preußen ist noch ein Ständestaat. Denn die Regierung hat das Versprechen nicht gehalten, dem wieder erstarkten Land auch eine neue Verfassung zu geben. So sieht sich auch der neue König Friedrich Wilhelm IV. als Herrscher von Gottes Gnaden.

19:21

Die neue Zeit mit Industrie und Verkehr hat sich nicht in allen Preußischen Provinzen ausgebreitet. Wirtschaftszentren sind die beiden Rheinprovinzen, Berlin und Schlesien. Die anderen Provinzen, besonders östlich von Elbe und Oder, bleiben rein ländliche Gebiete.

20:06

Das Sagen auf den großen Ländereien Ostelbiens haben wie eh und je die Gutsherrn. Sie genießen Steuervergünstigungen, können sogar Polizeigewalt ausüben.

20:23

Den Bauern haben die Reformen wenig geholfen. Sie können sich jetzt zwar freikaufen. Aber viel Geld werfen ihre kleinen Höfe nicht ab. Sie überschulden sich und geraten so erneut in Abhängigkeit vom Großgrundbesitzer.

20:39

Deren erzkonservatives Milieu bringt einen Mann hervor, der Preußens Geschicke entscheidend prägen wird: Es ist der Gutsherr Otto von Bismarck.

20:55

In der Provinz Schlesien entwickelt sich die erste große soziale Krise.

21:07

Aus Gleiwitz und Königshütte stammt zeitweilig mehr als die Hälfte der preußischen Eisenproduktion. Die Lebensverhältnisse sind katastrophal - wie überall: Auch Frauen und Kinder schuften bis zu 12 Stunden an den Maschinen.

21:33

In den abgelegenen Gebirgsgegenden leben die Menschen von der Heimindustrie: Hier wird das Leinen nicht mit Maschinen hergestellt, sondern noch von Hand am Webstuhl.

21:47

Schömberg, die Webersiedlung "Zwölf Apostel".

21:54

Die Weber hier sind Lohnarbeiter, abhängig von den Verlegern. Die liefern die Rohstoffe und können nach Belieben die Preise für die fertige Ware drücken.

22:06

Zum sozialen Konflikt kommen Missernten. 1844 brechen in Schlesien Hungeraufstände aus.

22:20

Der Staat reagiert hart und überzogen. Preußisches Militär schlägt die Revolte der Armen nieder.

22:34

Katharina Thalbach:

"Möge Gott den Armen beistehen, indem er das Herz der Mächtigen ihnen zuwendet." Gemeint war der Preußenkönig Friedrich Wilhelm der Vierte und das ungeheure Elend in seinem Reich. Er ganz persönlich war angesprochen, deshalb heißt es auch: "Dies Buch gehört dem König."

Geschrieben hat es eine Frau, Bettina von Arnim. Frau von Arnim hatte gute Beziehungen zum König, man schreibt sich sogar Briefe. "Ihr freundlicher Uhu", so pflegt seine Majestät zu unterzeichnen. Bettina nutzt ihre guten Kontakte. Ihr Buch soll dem König die Augen öffnen über die soziale Lage, also läßt sie dafür Nachforschungen anstellen. Ein Student geht für sie in die Elendsquartiere von Berlin und schreibt auf, was er da sieht. Die Arnim packt die Fakten in eine Reihe von Gesprächen. Auf den ersten Blick sieht alles ganz harmlos aus. Jeder aber der lesen kann, zwischen den Zeilen, weiß was gemeint ist. So entsteht eines der ersten sozialkritischen Bücher mitten im stockkonservativen Preußen. Genutzt hat es nichts. Inzwischen ist es fast vergessen. Damals wie heute kaum beachtet, genau wie unsere Fünf-Mark-Scheine. Darauf ist sie übrigens zu sehen. Hier. Bettina von Arnim, ein Frau mit Courage.

24:01

Friedrich Wilhelm IV. kann oder will nicht die Zeichen der Zeit erkennen: Die immer breitere Kluft zwischen Arm und Reich, die eine Folge der Industrialisierung ist.

24:11

Seine Majestät wird Zielscheibe der Karikaturisten: Kein Reformpapier darf sich zwischen ihn und das Volk drängen.

24:30

In mehreren großen Städten kommt es zu Unruhen - Barrikaden werden gebaut, Schüsse fallen. Vor allem in Berlin gehen immer mehr Menschen auf die Straße. Das ist im März 1848. Wieder reagiert der Staat überzogen: In Berlin schießt das Militär auf Demonstranten. Es gibt Tote.

25:06

Nicht nur in Preußen, auch in anderen Staaten des Deutschen Bundes breitet sich die Revolution aus. Der Druck der Straße zwingt die Regierungen zu Zugeständnissen. Sie lassen freie Versammlungen zu.

25:26

In der Paulskirche zu Frankfurt am Main bilden Volksvertreter ein Parlament. Endlich kann öffentlich über eine Verfassung debattiert werden. Die Deutschen haben zum ersten Mal die Möglichkeit, Freiheitsrechte durchzusetzen.

25:43

Es ist die Stunde der Demokraten, der politischen Gruppierungen, der Liberalen und Radikalen.

25:54

In Frankfurt sind sich die überwiegend bürgerlichen Abgeordneten in einem einig: Es soll einen deutschen Nationalstaat mit einer demokratischen Verfassung geben. An der Spitze soll ein Monarch, ein Kaiser stehen.

26:14

Dieser künftige deutsche Kaiser soll Preußens König sein. Aber der lehnt entrüstet ab: Eine Krone, gemacht aus dem Dreck der Revolution, nimmt er nicht an. Friedrich Wilhelm IV. fühlt sich als Herrscher von Gottes, nicht von Volkes Gnaden.

26:34

Nur ein Rezept fällt ihm ein: Gegen Demokraten helfen nur Soldaten, heißt es.

26:42

Die Revolution endet in Resignation und Gewalt. Die radikalen Demokraten ziehen sich in den Südwesten Deutschlands zurück, wo es noch liberal zugeht.

26:58

Im badischen Rastatt hilft Preußens Militär, die letzten Reste des Widerstandes zu zerschlagen. Viele Freischärler fallen, werden hingerichtet, ins Gefängnis geworfen. Ein Teil von Deutschlands Elite wandert aus, geht nach Amerika.

27:30

Auf dem Friedhof der Märzgefallenen in Berlin-Friedrichshain mahnen die Opfer der ersten deutschen Revolution. Sie steht am Ende einer Entwicklung, die Preußen groß gemacht hat und den Staat in ein Dilemma trieb: Er nutzt die gewaltigen industriellen Umwälzungen, die frei entfalteten Kräfte der Wirtschaft. Aber Preußens König ist nicht in der Lage, seinen Bürger neue Freiheiten zu gewähren.

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