Sendemanuskript: Preußen - Chronik eines Deutschen Staates
1. Vom Kurfürstentum zum Königreich (1618 - 1713)

Autor: Lew Hohmann

00:00 Vorspann, 00:30

00:30 Neues Palais, 01:06, > Musik, 1/9 <

Titel:

01:06 Katharina Thalbach: FII. und Großmutter

Meine Großmutter und der alte Fritz - beide zum verwechseln ähnlich: so streng, so fordernd, so drahtig und unnahbar. Der alte Fritz und meine Oma: Mary Thalbach, geborene Pofahl, geborene Preußin, unerbittlich gegen sich und andere. Respekt- einflößend. Sogar gegenüber den Vopos an der deutsch-deutschen Grenze , die erschreckt ihr mürrisches Foto im Reisepass sahen und sofort, stramm stehend, ihren Stempel gaben - zur Ein- oder Ausreise. Ich war oft hier mit ihr in Sanssouci. Und sie hat mir viel von Voltaire erzählt, den sie bewundert und geliebt hat. - Genau wie der alte Fritz.

Dies Haus hier, das Neue Palais, das hat der Alte Fritz bauen lassen. Nach all den blutigen und teuren Kriegen wollte er der Welt zeigen, daß er noch lange nicht am Ende ist.

Sogar ein Theater hat er sich bauen lassen, mitten im Neuen Palais. Und da wird heute noch gespielt.

Friedrich der Große. - Der Große. Gerade mal 1.63 m war er groß gewesen. Aber groß hat er Preußen gemacht, sehr groß. Drill, blinder Gehorsam, Diensteifer, Pflicht- erfüllung, Disziplin, schreckliche Kriege, Stechschritt, Tschingderassabum und Untertanengeist. - Ein König, der Flöte spielte und ein anderer König, der seinen Sohn hinrichten wollte. Preußens Glanz und Gloria, Preußens Schuld und Elend.

03:18 Real/Wasser Pillau, Festung, Königsberg, 03:58 > Musik: 1/21 <

Wasser, Ruine

Der Auftritt Preußens auf der europäischen Bühne beginnt am Baltischen Meer. Hier haben die Brandenburger Hohenzollern das Herzogtum Preußen als Lehen geerbt.

Im 30-jährigen Krieg flüchtet der Kurfürst von Brandenburg mit seiner Familie in seine preußische Residenz Königsberg. Hier bricht im Jahr 1640 mit dem jungen Kurfürsten Friedrich Wilhelm für Preußen eine neue Zeit an.

03:58 FW 1642 in Königsberg, 04:17 > Musik 3/6 <

Bild FW

Dieses Bild des Brandenburgers entsteht im Königsberger Schloss. Friedrich Wilhelm, gerade mal 20 Jahre, sieht sich als Werkzeug göttlichen Waltens. Nützliches tun, bedeutet Gott zu ehren. Plus Outre, über das Mögliche hinaus, heisst einer seiner Wahlsprüche.

04:17 Ruinen/geschundene Landschaft, 05:34, > Musik 1/13 <

Ruine

Das brandenburgische Erbe, die Kurmark, das Herzogtum Preußen, Cleve und die anderen kleinen weitverstreuten Besitzungen sind 1640 kaum einen roten Heller wert.

Flusslandschaft + Karte 1640

Es ist zwar das größte Land nach dem der Habsburger, aber auch das elendeste.

Bäume

Gevatter Tod und Base Hunger, Oheim Feuer und Muhme Pestilenz haben alles verwüstet.

Häuser

Städte und Dörfer sind verödet und ausgeplündert, die Armee ein armseliger Haufen und immer noch tobt der 30-jährige Krieg.

Tor

Kein deutscher Fürst hat so viele Probleme wie Kurfürst Friedrich Wilhelm.

Leere Kassen, falsche militärische Bündnisse, hartnäckige Feinde an den Grenzen, widerspenstige Adlige und Städte im Innern.

Landschaft/Krähen

Die Karre stecke so tief im Kot, sagt ein Zeitgenosse, dass es nur mit Gottes Hilfe möglich sei, sie herauszuziehen.

05:34 Königin von Saba, 06:38, > Musik, 6/4 <

Gemälde


Mit Gottes Hilfe...genau darauf vertraut der strenggläubige Calvinist, der sehr stark durch Holland geprägt ist. Dieses Bild zeigt ihn im Kreise seiner Verwandtschaft, seine Gemahlin Luise Henriette an seiner Seite und seine Mutter stammen beide aus dem reichen Haus Oranien.

Gemälde-Ausschnitte

Links die Brandenburger Kurfürsten, rechts die holländischen Vorväter, mit den Schätzen aus ihren Kolonien.

Rückfahrt auf Grafik

Friedrich Wilhelm studiert an der holländischen Universität Leiden in Holland. Er spricht fünf Sprachen, beschäftigt sich mit Geschichte und Ökonomie und und lernt bei seinem holländischen Onkel das Kriegshandwerk. Der Brandenburger bewundert den erfolgreichen modernen Staat an der Nordsee mit seiner mächtigen Flotte und den üppigen Gewinnen aus dem Seehandel. Hier entsteht sein Traum von der Seemacht Brandenburg. Doch zunächst ist im Königsberger Schloss an stolze Schiffe und weite Ozeane nicht zu denken.

06:38 Festungen Königsberg, Bilder von Soldaten, 07:39

Festung Königsberg

Mit beeindruckender Zielstrebigkeit macht sich der Kurfürst an die Arbeit, Brandenburg, Preußen und die anderen Provinzen wieder aufzurichten.

Am Anfang steht eine Militär-Reform:

Soldatenbilder

ein stehendes Heer nach holländischem Vorbild. Nur so kann man sich Respekt verschaffen in Europa.

Keine angemieteten Söldnerhaufen, sondern eine Landesarmee, deren Soldaten das ganze Jahr bezahlt werden, auch wenn kein Krieg ist.

Stadtansicht Berlin

Das kostet viel Geld. Die Finanzierung muss den Ständen, dem Adel und den Städten, abgetrotzt werden. Ein hartes Stück Arbeit. Ausbaden müssen es am Ende die Armen.

Bilder Bauern

Am schlimmsten trifft es die Bauern. Vier bis fünf Tage die Woche müssen sie für den Gutsherren arbeiten, verschulden sich und verlieren Haus und Hof. Geht der Kelch an ihnen vorüber, werden sie zur Armee gepresst oder gezwungen, Soldaten und Pferde auf ihren Höfen zu beherbergen.

07:39 Danzig, Kloster Oliva, 08:57

Stich, Schwenk,

Für Brandenburg-Preußen zahlt sich die Investition in die Rüstung aus. Der Kurfürst, auf dem Bild der zweite von rechts, und seine Soldaten sind gefragte Bündnispartner. Je nach Vorteil wechselt er die Fronten. "Der Kurfürst mit dem Wechselfieber" nennt man ihn. Aber er hat Erfolg mit seinem Rezept.

Gang innen, Stich

So gelingt ihm hier im Kloster Oliva bei Danzig 1660 ein historischer Schritt. Bündnispartner Schweden muss im Frieden zu Oliva dem Brandenburger das Herzogtum Preußen für immer überlassen. Ein wichtiger Baustein für ein späteres Königreich, denn nun ist Preußen keiner fremden Macht mehr und dem Kaiser ohnehin nicht untertan.

Raum

Hier in diesem Raum wird Preußen souverän und brandenburgisch.

08:57 Königsberg, Stadttore, Zinnen, 10:01 > Musik 6/3 & 2/2 <

Königsberger Dom

Die Königsberger sind nicht bereit, die wachsenden Geldforderungen des Landesherren zu akzeptieren. Sie leben in einer reichen Stadt, viermal so groß wie Berlin, und haben mit Seehandel und zahlreichen Privilegien vor dem Amtsantritt des Kurfürsten bessere Geschäfte gemacht, als jetzt, wo sie mit ihm teilen sollen.

Im Jahr 1662 proben sie den Aufstand gegen den fernen Brandenburger.

Hafen von Pillau, mit Grafik oder Flotte

Ihr Verdacht, dass die Soldaten, die mit ihrem Geld bezahlt werden, auch gegen sie eingesetzt werden, bestätigt sich, als der Kurfürst mit 2000 Dragonern hier in Pillau landet, und die Königsberger zum Aufgeben zwingt.

Stich zur Huldigung

Im Oktober 1663 huldigen die Ostpreußen dem Kurfürsten und erkennen ihn damit als ihren Souverän an.

10:01 Städte, Stände, 10:56 > Musik, 3/12 <

Porträt Kurfürst

Der Kurfürst kann nun die Finanzen des brandenburgisch-preußischen Staates besser planen. Aber erst am Ende seiner Herrschaft gelingt es ihm, die Steuerhoheit der Städte und des Adels zu brechen.

Rathaus, Türen, Zunftzeichen, Häuser

Mit der "General-Steuer-und-Konsumptions-Ordnung" wird 1684 die Akzise, eine Art Verbrauchssteuer durchgesetzt. Für alle Waren, die in der Stadt verkauft werden, muss der Untertan Steuern zahlen. So kommt mehr Geld in die kurfürstlichen Kassen.

Stadttore

Die Steuern werden von kurfürstlichen Beamten an den Stadttoren eingetrieben und der Generalkriegskasse zugeführt. Diese zentrale Behörde gibt der Verwaltung des zukünftigen preußischen Staates das militärische Gepräge.

10:56 Der Große Kurfürst, Fehrbellin, 12:40 > Musik, 3/6 & 3/2 <

Fehrbellin, Landschaft, Gemälde und Flugblatt

Die Felder zwischen Fehrbellin und Hakenberg im Brandenburgischen.

Hier erringt 1675 der Kurfürst mit seinem Heer gegen die Schweden einen glänzenden Sieg.

Gemälde

Ein Nimbus ist zerstört. Die Schweden haben den Ruf, die besten Soldaten ihrer Zeit zu sein, verloren. Ein neuer Nimbus ist entstanden. Die Nachricht von den Ruhmestaten der brandenburgischen Armee und ihres Feldherren geht wie ein Lauffeuer durch Europa.

Flugblatt

Flugblätter preisen den grandiosen Sieg und seinen Helden, den Stolz seiner Staaten. Bald wird Friedrich Wilhelm der Große Kurfürst genannt.

Düne mit Bild und Wasser, - Musik -

Die Serie seiner Siege krönt der Kurfürst im Winter des Jahres 1678, als die Schweden Königsberg bedrohen, mit einer spektakulären Aktion hier am kurischen Haff. Mit klingendem Spiel überqueren die kurfürstlichen Truppen auf zahlreichen Schlitten das zugefrorene Haff und schlagen die Schweden für immer in die Flucht. Nun wissen auch die Königsberger, dass sich die Investition ins Militär gelohnt hat.

Wasser

Und Europa weiss, dass Brandenburg-Preußen eine Größe ist, mit der man rechnen muss.

12:40 Die Rèfugiès, 14:05 > Musik, BB 1/16 <

Schloss real

Einen noch größeren Namen macht sich der Kurfürst mit seiner Toleranz- und Siedlungspolitik. Sie beginnt1650 mit der Schenkung des Schlosses Bötzow bei Berlin an seine Frau Luise Henriette.

Gemälde

Der Kurfürst regiert ein großes Land, aber es mangelt an Untertanen. Noch immer fehlt es am größten Reichtum, den Menschen.

Luise

Luise holt aus ihrer holländischen Heimat Siedler ins Land. Meliorationsspezialisten legen die Sümpfe um Bötzow herum trocken, Bauern wenden neue Methoden im Garten- und Ackerbau an. Schloss und Anwesen, das bald Oranienburg heisst, werden zum Mustergut für moderne brandenburgische Landwirtschaft.

"Plus outre", "Über das mögliche hinaus"...heisst das zentrale Motto des Bildes.

Bild: "Plus outre"

35 Jahre später, 1685, startet Kurfürst Friedrich Wilhelm, auch aus politischem Kalkül, eine beispiellose Asylantenkampagne. 20.000 französische Hugenotten finden in seinen Ländern Zuflucht.

Bild/ Kirche

Auch aus politischem Kalkül bietet der Kurfürst ihnen verlockende Privilegien und freie Ausübung ihres Glaubens. Wie hier in Französisch Buchholz im Norden Berlins in einer Kirche, gemeinsam mit den Lutheranern. Toleranz heisst das Zauberwort, das preußische Politik lange prägen wird. Toleranz heisst auch, dass die Einwanderer ihre Sprache beibehalten dürfen.

14:05 Katharina Thalbach: Hugenotten, 15:45

On passant, Fisimatenten, Stippvisiten, ici, Balkon, Drogerie, Friseur, Chapeau claque, adrett, proper, justament - entschuldigen sie, wenn ich manchmal ein bißchen Französisches unter meine Reden gieße, sagte Eckensteher Nante, auch ein berühmter Preuße aus Berlin. Denn die Berliner hatten das Französische übernommen, als der große Kurfürst die Hugenotten ins Land holte, aus Schißlaweng gewissermaßen, damit die armen Hugenotten nicht in die Bredouille kämen. Aber weil der Berliner ja nicht doof sondern helle ist, hat er bei den schwierigen Wörtern die Übersetzung gleich mitgeliefert. Mit Aavec plaisir", Vergnügen, redete er vom konträren Gegenteil und von die infamischten Gemeinheiten von Avis-à-vis"gegenüber. Aber auch die Konfitüre und die Bouillon, der Mokka faut - von den Berlinern schlicht AMucke fuck" genannt, die Bulette, die Schrippe und Mostrich. Alles das war von den französischen Asylanten, aber nicht die Kartoffel. Den Kartoffelanbau hat der Alte Fritz eingeführt. Und trotzdem bekam die am Anfang ungeliebte kleine Knolle französische Namen wie zum Beispiel: Püree, Pommes frites.

Die aß man dann zusammen mit der Bulette, der Schrippe und dem Mostrich in der ABoutike", beim ABoutiker". Mm. Neu berlinerisch Boutique, was einfach Bude oder Laden heißt. Und wenn mir jetzt von der Berliner Weißen, auch eine original französische Erfindung, ganz blümerant wird, dann nehm ich meine Kledage und drehe meine Stellage etepetete direktemang ins Etablissement.

15:45 Hugenotten 2, 16:46 > Musik, 1/30 <

Treppe/Kirche/real

20.000 Hugenotten kommen nach Brandenburg-Preußen, 5000 bleiben in Berlin. Die Spezialisten mit westeuropäischem Niveau sind für das Land ein Segen. Die französische Kirche auf dem Gendarmenmarkt in Berlin-Mitte ist ihr erstes eigenes Gotteshaus.

Friedhof

Viele Hugenotten machen sich in der preußischen Geschichte einen Namen. Auf den französischen Friedhöfen in Pankow und Berlin-Mitte finden sich die Grabstätten von Mitgliedern der französischen Gemeinde und ihrer Nachkommen, die Brandenburg-Preußen und die Residenzen Berlin, Potsdam und Königsberg nachhaltig geprägt haben.

16:46 Die Flotte, 17:42 > Musik, 6/4 <

Hafen/Flotte

Gegen Ende seiner Amtszeit lässt Friedrich Wilhelm in Königsberg, viel zu weit weg vom deutschen Handel, einen Hafen bauen. Noch immer hat er Visionen. Er sieht eine große Brandenburgische Flotte. Stolze Schiffe, wie sie die Spanier und Portugiesen, die Briten, Franzosen und Niederländer haben. Und er denkt an den Reichtum, den man damit verdienen kann. Profite durch Seehandel und Besitzungen in Übersee. Doch der Kurfürst kommt zu spät. Die Kolonialmächte mit ihren riesigen Flotten haben die Welt und die Ozeane längst unter sich aufgeteilt. Selbst der Einstieg in den Sklavenhandel bringt zur Enttäuschung des Kurfürsten keine schwarzen Zahlen. So bleibt die Flotte ein teures Steckenpferd des Brandenburgers.

17:42 FW> Tod, F III. Nachfolge, 18:32 > Musik, 1/30 <

Denkmal

Als Friedrich Wilhelm 1688 stirbt, droht Brandenburg-Preußen zu zerfallen. Im Streit mit seinem Thronfolger und den Einflüsterungen seiner zweiten Gemahlin, Dorothea, erlegen, droht er, den Besitz aufzuteilen und Preußen an den ältesten Sohn aus zweiter Ehe zu geben. Wäre das geschehen, hätte es kein Königreich und keine Kaiserkronen gegeben.

Porträt F III.

Nachfolger Friedrich III. gelingt es mit Hilfe des deutschen Kaisers die Unteilbarkeit des Besitzes durchzusetzen. So erbt er ein saniertes Land, eine gut organisierte Verwaltung und eine Armee von 30.000 Mann.

Aber auch Friedrich hat einen Traum: die Königskrone.

18:32 Die Krone, 19:35 > Musik, 2/3 <

Schlittenfahrt mit Krone und Karte

Im Winter 1700 ist sie zum Greifen nahe. Mit einem Tross von 200 Kutschen und Wagen ist Friedrich mit seiner Gemahlin unterwegs ins Herzogtum Preußen. Im Gepäck die Krone mit den beiden großen Diamanten, ein scharlachroter Krönungsmantel, besetzt mit Diamantknöpfen, Gesamtwert 250.000 Taler.

Nach zwölftägiger Reise kommen die Karossen in Königsberg an.

Königsberger Zinnen, real

Als Gegenleistung für die Krone verpflichtet sich Friedrich, dem Kaiser politisch und militärisch beizustehen.

Am 18. Januar 1701 krönt sich der Kurfürst von Brandenburg hier in Königsberg

Gemälde

selbst zum König. Anschließend setzt er auch seiner Gemahlin, Sophie Charlotte, die Krone aufs Haupt.

19:35 Katharina Thalbach: Schnupftabak, 21:00

Mit so einer Schnupftabakdose hätte Sophie Charlotte ihrem Ehemann beinahe die ganze Krönung vermasselt. Er setzt Charlotte die Krone aufs Haupt, er macht sie zur Königin, peinlich, sie die vornehme Dame aus Hannover geniert sich, schließlich ist sie die Schwester des zukünftigen Königs von England. Während der Zeremonie nimmt sie hin und wieder geräuschvoll eine Prise Schnupftabak. Was Friedrich natürlich ärgert. Sophie Charlotte, Königin in Preußen, und dann (Schsch... pfschüü). Mm. Mm. Sie ahnt den Spott der wirklich Mächtigen an Europas Höfen: August der Starke, Peter der Große, der Sonnenkönig von Versaille, der Kaiser. Und dann das da: Dieser kleine verwachsene Ehemann, Friedrich der Erste, König tief in der Provinz. Ostpreußen, ein Land, das keiner kennt, das ist jetzt das Königreich von Sophie Charlotte. Mm, gräßlich, schauderhaft. Mm, da hilft nur noch der Schnupftabak, damit die Welt weiß, was sie wirklich denkt. (Schsch... pfschüü) Tja. Wie gesagt, eine Intellektuelle aus Hannover, unter die Preußen geraten.

21:00 Krönungsfeier, 21:48 > Musik, 1/10 <

Stiche von den Festlichkeiten

Grandiose Feiern in Königsberg und Berlin: Tausende Liter Wein und gebratene Ochsen für die Untertanen, jede Menge Taler werden unters Volk geworfen, prächtige Umzüge und Feuerwerke ergötzen die Bürger.

Der kleine König hat ein Königreich erfunden und es beginnt zu existieren.

Dem "schiefen Fritz" ist es gelungen, dem zerklüfteten kurmärkischen Besitz einen einigenden Namen zu geben: Man sagt Preußen und meint damit das Ganze.

Preußen.... Unbeschadet der Meinung der Königin zur Krone beginnt sich der Begriff in Europa durchzusetzen.

21:48 Charlottenburg, 23:44 > Musik, BB 1/3 <

Charlottenburg, Porträts, Leibniz

Schloss Lietzenburg, das später den Namen Charlottenburg erhält, wird 1699, an Königs Geburtstag, eingeweiht. Das große Vorbild für Sophie Charlotte und Friedrich sind Pomp und Hofhaltung des "Sonnenkönigs" in Versailles.

Glanz und Repräsentation haben ihren Preis. Über 300 Hofangestellte kosten jährlich um die 400.000 Talern. Nur wenig mehr stehen für Verwaltung, Justiz, Behörden, Kirche, Schulen und Universitäten aller Provinzen zur Verfügung.

Die Taufe der Enkelin Wilhemine verschlingt Unsummen, während in Ostpreußen 30.000 Menschen an der Pest oder vor Hunger krepieren und keinen roten Heller Unterstützung sehen. Der König hilft nicht, der König repräsentiert. Die Steuern klettern Jahr für Jahr. Tee, Kaffee, Salz, Perücken, Hüte, Strümpfe, Kutschen und selbst die Jungfernschaft unverheirateter Mädchen werden besteuert und finanzieren den königlichen Luxus.

Die Königin etabliert in Charlottenburg einen barocken Musenhof. Hier werden Moliere und Racine aufgeführt, Corelli widmet Sophie Charlotte eine Sonatensammlung. Sie selbst spielt ausgezeichnet Cembalo, komponiert, dirigiert Opern und verzaubert die Zuhörer als Sängerin.

Noch mehr aber beeindruckt sie als Freundin der Philosophie.

Leibniz

Das deutsche Universalgenie Leibniz, Freund und Gesprächspartner der Königin ist häufig zu Gast. Er wird der erste Präsident der Akademie der Wissenschaften in Berlin.

23:44 Halle, Uni, 24:24 > Musik, 1/24 <

Halle/Uni

Bereits1694 gründet Friedrich die Universität Halle. Der Herrscher selbst ist beim Eröffnungstag, seinem Geburtstag, anwesend.

Die Universität wird zum Zentrum der pietistischen Theologie und Pädagogik und erste national-ökonomische Schule des Königreichs Preußen.

Sie hat viel Zulauf von katholisch geprägten Universitäten, hier entstehen zahlreiche frühaufklärerische Schriften. Die Friedrichs-Universität entwickelt sich in wenigen Jahren zur fortschrittlichsten Bildungseinrichtung Deutschlands.

24:24 Franckesche Stiftungen, 26:33 > Musik, 1/24 <

Kirche, Gebäude, Stiche, Räume

Als besonders verdienstvoll und folgenreich erweist sich ein Projekt, das Friedrich in der elenden Vorstadt Glaucha bei Halle an der Saale fördert. Hier hat ein Mann in seinem Pfarrhaus eine Armenschule eingerichtet.

Privileg, Bild Francke

Im September 1698 erteilt Friedrich August Hermann Francke ein fürstliches Privileg. Daraus geht hervor, dass Friedrich dieses Reformprojekt zu seinem eigenen macht. Der Pietist Francke tritt für die Bezeugung des Glaubens durch die Tat ein.

Franckesche Stiftung, Gebäude

Steuerbefreiung, Back- und Braurecht, eine eigene Apotheke, eine Druckerei und eine Buchhandlung lassen die Franckeschen Anstalten bald zu einer prosperierenden Einrichtung werden.

Bibliothek

Ausbildung der Armen, statt Verwahrung. In Franckens Anstalten wächst qualifizierter Nachwuchs aus allen Schichten heran: Führungskräfte aus dem Adel, Pädagogen, Studenten für die Hallesche Universität.

Real- und Bürgerschulen können nicht nur von wohlhabenden Kindern, sondern auch von Mittellosen und Waisen besucht werden.

Geradezu bahnbrechend: Hier werden nicht nur traditionell Bibelkunde, Religion, Sprachen, Schreiben und Rechnen unterrichtet,

Kabinett

sondern auch Unterweisungen in allen Bereichen des praktischen Lebens vom Manufakturwesen bis zum Kennenlernen der Sitten fremder Völker.

Wirtschaftshof

Ebenso umwälzend ist die die Verkopplung der Einrichtung mit Wirtschaftsunternehmen, in denen die Insassen der Anstalten produktive Arbeit verrichten.

Rechnungsbuch

Die Erträge dienen zu ihrem Unterhalt.

Nach diesem Modell wird Preußen nunmehr häufig seine Bildungseinrichtungen aufbauen.

Ausgang mit Bild

Schüler Franckes und deren Schüler prägen als Lehrer, Feldprediger, Offiziere, Militärärzte, Beamte und Pfarrer zunehmend preußische Amtsstuben, Kasernen, Gemeinden, Lazarette und Schulen.

26:33 Geburt, Berliner Schloss, 27:01

Im Jahr 1712 ist man in der Residenzstadt Berlin guter Hoffnung. Noch immer hat der Kronprinz keinen männlichen Nachkommen, der Fortbestand der Dynastie ist gefährdet. Die königliche Familie verharrt in gespannter Erwartung. Besonders der König, der zukünftige Großvater und seine junge Frau.

27:01 Katharina Thalbach: Sonntagskind, 28:13

Immer wenn ein königl... -

Immer wenn ein königlicher Sproß geboren wird, läßt die Familie einen solchen Lärm veranstalten, dass den Berlinern die Ohren abfallen.

Diesmal am Sonntag, dem 24. Januar 1712, ist es ein Knabe. Glücklich stellt der Großvater, Friedrich der Erste, König in Preußen fest, Doppelpunkt: ADass sich der Kronprinz und mein Enkel recht wohl befinde, brav schreiet und ist wohl recht fett und frisch."

"Schlafe mein Prinzchen, schlaf ein" - ein schönes dickes Baby, mit blauen Augen.

Nun muss seine Majestät, der Großvater, recht weinen und ist so gerühret, dass er das Mittagessen verschmähet.

Es scheint, daß alle, die der Taufe von Klein Fritzgen beiwohnen, ihre Gaben in die Wiege legen. Der Großvater den Namen und die Liebe zur Kunst, der Vater die Härte und die Liebe zu den Soldaten, die Mutter die blauen Augen und die hannoversche Bildung, der alte Dessauer - Erfinder des Gleichschritts - die Ruppigkeit und den preußischen Wagemut, und die Großmutter, gerademal 27 Jahre alt, den Hang zur Verspieltheit, aber auch zum Wahn.

28:13 Abspann, 29:15 > Musik, 01:32 <

Palais im Nebel

An diesem Sonntag ist jener Friedrich geboren, den man später den Großen nennt..

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