Sendemanuskript: Preußen - Chronik eines Deutschen Staates
2. Vom Königreich zur Großmacht (1713 - 1786)

Autor: Lew Hohmann

Anmoderation:

Preußen. - Preußen. Der Name will den Untertanen noch nicht so recht über die Lippen gehen. Preußen, das Land zwischen Weichsel und Memel, soll dem ganzen Hohenzollernstaat den Namen geben. Ein Kurfürst von Brandenburg hatte sich zum König krönen lassen, zum König in Preußen. Zweifellos ein Vorgang, der in der Weltgeschichte kaum ein Fußnote wert gewesen wäre. Doch nun ist der Name in der Welt und die folgenden Herrscher werden dafür sorgen, daß der Begriff Preußen einen donnernden Klang bekommt.

Vorspann, 00:30

Hohenzollerngruft, 01:01 >Musik, 1/9<

01:01 Katharina Thalbach: Soldatenkönig..., 02:22

Als mein Vater, Friedrich der Erste, der schiefe Fritz, wie das Volk ihn nennt, am 25. Februar 1713 stirbt, wird in Preußen alles anders. Alles! Keine üppigen Perücken mehr, sondern der kurze Soldatenzopf, keine prächtigen Gewänder, sondern der schlichte Soldatenrock, und waschen, mit Wasser. Das aufgedonnerte barocke Europa staunt. Ein König, der sich wäscht, mit Wasser und bringt seinen Untertanen die Reinlichkeit bei, mit dem Stock. Jetzt muß alles anders werden. Jetzt geht es - cito, cito - schnell, schnell. Friedrich Wilhelm der Erste ist der Erfinder des Berliner Tempus, der Reinlichkeit und des Prügelstocks. Jähzornig prügelt er seinen Untertanen, aber auch seinen Kindern, Gehorsam, Fleiß und Pflichtgefühl, Gerechtigkeit, Ordnung und Sauberkeit ein. Preußische Dresche bringt preußische Tugenden. Der Rohrsergant mit dem Prügelstock, das ist von nun an Preußen.

02:22 Reiter, Schloss Königs Wusterhausen, 03:11

FW I. jung auf dem Pferd > Musik, 6/5 , Einsatz nach Signal<

Nach dem Tod des Vaters setzt sich Friedrich Wilhelm, den man bald den Soldatenkönig nennt, aufs Pferd und reitet nach Königs Wusterhausen bei Berlin.

Schloss Königs Wusterhausen

Hier im Schloss seiner Jugend startet er ein radikales Sparprogramm - 30 Millionen Taler Schulden hat ihm der Vater hinterlassen.

Tabakrunde F I. > Musik abblenden <


Er beginnt im eigenen Haus, streicht den Stellenplan und Etat des Hofes zusammen. Mehr als die Hälfte aller königlichen Angestellten verlieren ihre Arbeit. Gehälter und Ausgaben werden drastisch gekürzt, im neuen Königreich lebt man von nun an spartanisch.

Im Schloss Königs Wusterhausen beginnt der 25-jährige König den Umbau des preußischen Staates, in dem die Amtssprache ab sofort nicht mehr französisch, sondern deutsch ist.

03:11 FW I. Sparen und Edikte, 04:34

FW I.,

Friedrich Wilhelm I. hat etwas von einem Umstürzler. Zielstrebig krempelt er mit dem Staat seine Untertanen um. Sein Programm ist einfach und überschaubar. Gefördert wird alles was nützlich ist und alles was militärisch ist und alles was dem Militärischen nützlich ist.

Skulpturen > Trommelmusik, 1/7<

Akademien, Theater, Kunst verkümmern, Orchester werden aufgelöst, Schlösser

verpachtet oder verkauft, ebenso wie Luxusgegenstände jeder Art.

Edikte

Mehr als jeder andere Herrscher prägt der Soldatenkönig Preußen, im Bösen und im Guten. Hunderte von Edikten regeln diesen Staat und das Leben seiner Untertanen, Befehle eines Despoten, der davon überzeugt ist, nur das Beste für alle zu wollen.

Schuledikt > Musik, 3/12<

Im Jahr 1717 verordnet er die allgemeine Schulpflicht.

Schulbilder

Den Einwänden seiner Minister, dass die Reform zu teuer sei, entgegnet der sonst so knausrige König :

"... wenn ich baue und verbessere das Land und mache keine Christen, so hilft mir alles nichts..."

Hauptfach Religion, auch Schreiben und Rechnen sind wünschenswert.

Der Untertan soll ein gottgefälliges und ein nützliches Leben führen, er soll, wie der König "Plus machen".

04:34 Bau, Lagerhaus etc. , 06:24

Friedrichstadt,

Der König lässt gern bauen. Wohlhabende Bürger und Adlige müssen Wohnhäuser und anderen Nutzbauten errichten. Berlin wird größer, nicht zuletzt weil die ständig wachsende Armee nun in den Städten untergebracht wird.

Hier beim Bau der Berliner Friedrichstraße wird auch Militär eingesetzt.

Pferdefuhrwerk

Zehn Monate im Jahr werden die Soldaten in ihre Berufe oder auf ihre Höfe zur Arbeit entlassen zum "Plus machen".

Pfahlgerüst

"Hier ist die hohe Schule der Ordnung und der Haushaltungskunst, wo Große und Kleine sich nach dem Exempel ihres Oberhauptes meistern lernen - die Zucht macht Leute, und die preußische ist herrlich." , begeistert sich ein Zeitgenosse.

Armee, Lagerhaus, Armee

Alles was gut ist für die Armee, ist gut für Preußen. Rüstung schafft Arbeitsplätze.

Für das Lagerhaus, einen großen Textilkonzern, produzieren bis zu 5000 Beschäftigte

Soldaten-Tableau

Tuche für den Export und für die Armee. Eingekleidet werden damit auch die Langen Kerls, die Riesensoldaten, für die der königliche Geizhals ein Vermögen ausgibt.

Waisenhaus

1722 gründet der König das Große Militärwaisenhaus in Potsdam. Mit dem Lagerhaus und anderen Manufakturen wird daraus ein Riesenkonzern. Hier erhalten über 2000 Waisen eine Schulbildung, verbunden mit einem Beruf. Die Zöglinge arbeiten in den angeschlossenen Manufakturen, an die sie später vermittelt werden. Die Erträge der Produktion wiederum dienen dem Erhalt des Waisenhauses.

Anatomie, Charité

Auch Medizin ist nützlich, 1727 entsteht die berühmte Charité, ursprünglich eine Klinik für Pferde, an der nun Untertanen behandelt und Ärzte ausgebildet werden.

06:24 Armee und Geld, 08:42, > Musik, 4/1 & 5/1<

Gemälde/Waage

Dieses Gemälde entsteht aus Anlass der Gründung des Generaldirektoriums. Diese Behörde aller Behörden verwaltete die Einnahmen des Staates, von denen 80% die Armee schluckt. Das schlanke Ministerium arbeitet nach der königlichen Devise: Es kann nicht mehr ausgegeben werden, als man einnimmt.

Werbeszenen

Preußische Werber sind in ganz Deutschland unterwegs, um den Personalbestand der Armee zu sichern, Ein schmutziges Geschäft. Junge Männer werden betrunken gemacht, mit Geld geblendet und in die Armee gepresst. Später führt der König eine Art Wehrpflicht ein, die allzu krasse Werbemethoden mildert.

Jägertor

zu. Auf diesem Bild sieht man die drei Säulen, des militärisch organisierten Beamtenstaates. Links das Haus des Steuerbeamten - Preußen hat die höchsten Steuern Europas - in der Mitte die Steuerzahler und rechts die Wache im Gefängnis Preußen. Auf Landesflucht steht die Todesstrafe.

Totale, Militärstrafen

"Ich schone niemanden" droht Justitia. Brutaler Drill, noch brutalere Strafen. Obwohl in allen Armeen dieser Zeit üblich, hat sich die Geschichte solche Bilder als preußisch gemerkt.

Prügel

Mängel an Montur oder Frisur haben Prügel zur Folge.

Räsonieren, Trunkenheit und Glücksspiele werden mit Spießrutenlaufen bestraft,

Erschießen, Hängen

Angriff gegen den Vorgesetzten oder Desertation mit Erschießen oder Hängen.

Dennoch desertieren Tausende, was den König, der sonst schnell ein Todesurteil fällt,zur Vernunft bringt.

Edikt

Das Edikt verspricht Straffreiheit. Tote Soldaten sind nicht nützlich und jungeMänner im Ausland auch nicht.

Exerzieren (bleibt einmal frei stehen)

Perfektionismus und Vereinheitlichung, auch das ist preußisch. Ausrüstung, Waffen, Uniformen, Ausbildung, Reglements werden standardisiert. Drill bis zum Umfallen, bedingungsloser Gehorsam.

FW I. auf dem Pferd

So verfügt Friedrich Wilhelm I. über die disziplinierteste und feuerschnellste Armee Europas. Dieser Machtfaktor sorgt dafür, dass Preußen von Kriegen verschont bleibt. Denn der Soldatenkönig liebt zwar das Militär, aber, Ironie der Geschichte, er liebt keine Kriege: Kriege kosten Geld und ramponieren die schöne Armee.

08:42 Königs Wusterhausen, 10:08

Wald, Jagdbild

Im Herbst frönt der König in den Wäldern um Königs Wusterhausen seiner Leidenschaft, der Jagd. Berliner und Potsdamer müssen hunderte Stück Wildbret kaufen, ob sie wollen oder nicht: Plus machen...

Tabakskollegium

Der Abend im Schloss gehört dem Tabakskollegium. In dieser nahezu demokratischen Einrichtung gelten keine Ränge und keine höfische Etikette, hier ist der einzige Ort, wo man dem König widersprechen darf.

Bild

Das gilt nicht für die Kinder und schon gar nicht für den Kronprinzen Friedrich, der zu seinem Leidwesen gelegentlich an diesen grobianischen Gelagen teilnehmen muss.

Der König verlangt von seinem Sohn, rechts am Tisch, bedingungslosen Gehorsam. Öffentliche Züchtigungen und Demütigungen sind an der Tagesordnung.

Friedrich verzweifelt an Vater und Vaterland.

10:08 Steinsfurth, 11:25 > Musik, 1/5<

Nächtlicher Hof > Geräusche <

Hier in Steinsfurth bei Sinsheim im Süddeutschen nimmt eine Familientragödie ihren Anfang, die Preußen fast in eine folgenschwere politische Katastrophe mit gestürzt hätte.

Bild Flucht/Ergreifung

Bei einer Reise mit seinem Vater will Friedrich dem preußisch-väterlichen Regime entfliehen, wird gestellt und verhaftet.

Der König, und das unterscheidet ihn von anderen absolutistischen Herrschern seiner Zeit, ist ein Despot gegen jedermann.

Er fordert Gleichheit vor dem Gesetz und damit den Tod des Sohnes und dessen Freundes und Helfers Katte.

Haus

Das Prinzip geht über alles.

Fahne

Preußisch prinzipientreu, preußisch erbarmungslos.

Als sich das Militärgericht weigert, den Kronprinzen zum Tode zu verurteilen,

Katte-Bild

läßt der Vater vor Friedrichs Augen Freund Katte in Küstrin hinrichten.

Friedrich II.

Der Kronprinz wird arretiert und später dienstverpflichtet. Europa ereifert sich mit Solidaritätsbeweisen für den Sohn und Protesten gegen den grausamen Vater.

11:25 Salzburger, 13:00 > Musik 3/4 <

König, langer Zug

Da beeindruckt der nun endgültig als Berserker und Barbar verschrieene König durch sein Engagement für religiös Verfolgten. Asylland Preußen... Seit der Aufnahme von verfolgten Hugenotten durch den Großvater des Königs eine preußische Tradition.

König mit Sonne

20.000 Glaubensflüchtling aus Salzburg kommen 1732 nach Preußen.

"Muß ich gleich Haus und Hof, Freund, Eltern, Kinder lassen
So will mich doch der Herr in seine Arme fassen
Er hält mich väterlich bey seiner rechten Hand
Und führt mich wohlvergnügt in Friedrich Wilhelms Land"

dichten die dankbaren Salzburger.

Flüchtlingszug

Ein endloser Flüchtlingszug durch Mitteleuropa nach Preußen. Der sonst so geizige König investiert einige Millionen Taler Reisespesen. Die Aktion sorgt für Aufsehen.

Stich

Im von der Pest entvölkerten Ostpreußen erhalten die Salzburger Ländereien, Vieh, Ackergeräte, Bauholz und Steuerprivilegien. In wenigen Jahren wird das Land zu einer blühenden Provinz.

Kühe real

Selbst Sohn Friedrich zeigt sich davon beeindruckt "dass nach dem Winke eines Mannes auf diesen einst so verödeten Quadratmeilen jetzt mehr Wohlstand und Fruchtbarkeit herrscht als irgendwo in Deutschland...."

13:00 Rheinsberg, Tod FW I., 13:53 > Musik, 2/8<

Der Kronprinz lebt schon seit einigen Jahren im idyllischen Rheinsberg das Kontrastprogramm zu den väterlichen Maximen. Mehr interessiert an Männern als an Frauen, hat der Kronprinz junge Musiker, Maler, Offiziere um sich versammelt.

Hier wird gedichtet, musiziert, philosophiert, gefeiert.

Bild F II

Friedrich liest aufklärerische Literatur

Turmzimmer

und schreibt hier im Turmzimmer den Antimachiavell, einen Essay gegen Despotismus und Kriege aus Machtgier.

Porträt FWI.

Als der Soldatenkönig 1740 stirbt, erbt der aufgeklärte Kronprinz einen militärisch organisierten Staat, 89.000 Soldaten und neun Millionen Taler Kriegskasse. Und er erbt einen Begriff, den sein Vater in Europa geprägt hat B das Preußentum.

13:53 Charlottenburg, F II., MT, 15:47

Türschloss

Friedrich II. residiert zunächst in Charlottenburg, dem Musenhof seiner Großmutter. Hier hinter verschlossenen Türen verfasst der junge König einen Erlass nach dem anderen, alle erstaunlich, alle fortschrittlich.

Schwenk durch Saal

Die Minister sollen niemanden drangsalieren, die Folter soll abgeschafft, die Prügelstrafe gemildert und Kindesmörderinnen nicht mehr in Säcken ertränkt werden. Kornkammern werden für die Armen geöffnet, ein Opernhaus in Auftrag gegeben, die Zensur teilweise aufgehoben und - ein jeder soll nach seiner Fasson selig werden. Wahrheit und Freiheit für Europa verkündet der preußische Adler auf der deutschen und französischen Ausgabe der Berliner Zeitung. Und Europa ist beeindruckt von dem intellektuellen, aufgeklärten, kunstliebenden, ja fast heiterem Preußen des neuen Königs.

Skulpturen im Abendlicht

Aber dieses Bild strahlt nur eine kurze Zeit.

Über den Kriegen wird es die Geschichte vergessen. Doch zunächst lenkt es davon ab, dass der neue König sofort die Armee vergrößert.

Maria Theresia > Trommeln<

Da stirbt in Wien der deutsche Kaiser aus dem Hause Habsburg und seine Tochter Maria Theresia beansprucht den Thron. Kaum ein deutscher Fürst will das akzeptieren.

F II.

Friedrich, getrieben von persönlicher Ruhmsucht und politischem Kalkül, nutzt das Machtvakuum und beginnt die wohl verlustreichste Serie von Kriegen dieses Jahrhunderts.

15:47 1. Schlesischer Krieg, 17:29, >Musik, 1/9>

Im Dezember 1740 marschieren 20.000 preußische Soldaten ins österreichische Schlesien ein. Der 28-jährige König hat den Aufmarschplan eigenhändig skizziert.

Skizze Einmarsch

Wegbeschreibung für eine Aggression.

Skizze Mollwitz


Ebenso preußisch gründlich geht er bei seiner ersten Schlacht bei Mollwitz in Schlesien vor. Seine schulmäßig aufmarschierte Armee wird überrannt. Die Schlacht und damit der Krieg gelten bereits als verloren, als die gedrillte schnell schießende Infanterie die Österreicher niederwalzt. 9000 Tote von beiden Seiten werden hier begraben.

Breslau, Rathaus

Bereits ein halbes Jahr später zieht Friedrich als Sieger in Breslau ein.

Saal innen

Die Bürger sollen ihm zugejubelt haben. Für die Protestanten ist es das Ende der katholischen Vormundschaft Wiens. Für die Bürger ist es das Ende ihrer relativen Selbstständigkeit. Nun zieht auch hier preußische Zucht ein.

In diesem Saal huldigen Ende 1741 die Breslauer dem preußischen König. Schlesien ist nun preußisch. Aber der König weiss, dass dies nur eine Atempause sein kann.

17:26 Katharina Thalbach: MT stript, 18:44

Maria Theresia strippt. Maria Theresia, die Kaisertochter aus Wien strippt. Mm. Mm.

Diese englische Karikatur macht nach dem Raub Schlesiens durch Friedrich in Europa die Runde. Ich will lieber das Kleid am Leib als Schlesien missen, soll sie gesagt haben, na ja, dann kam eben dies. - Die sittenstrenge und prüde Katholikin, die tugendhafte Ehefrau und Mutter muss diese Karikatur unsäglich verletzt haben. Sie wird ihn ewig hassen. Ihr Hass geht sogar so weit, dass sie sich mit der Madame de Pompadour, der Mätresse des französischen Königs, auf eine Stufe stellt. Man stelle sich vor, die Kaisertocher mit der sittenlosen Gattin eines Steuereinnehmers per du, oh la la, la la, la la, la la. Aber der Erfolg gibt ihr Recht. Denn im siebenjährigen Krieg hat Friedrich die drei Supermächte Österreich, Frankreich und Russland gegen sich, denn die Zarin Elisabeth die Erste ist die dritte Frau im Bunde. Friedrich nennt sie die drei Erzhuren Europas, denn er weiß ganz genau, dass er keine Chance hat, diesen Krieg zu gewinnen.

18:44 7-jähriger Krieg, 20:25 > Musik 2/7 & 6/1 <

Grafik, Kirche

In den Schlachten des 7-jährigen Krieges manifestiert sich der Ruf von der Unbesiegbarkeit der besten Armee Europas. Hier bei Leuthen in Schlesien besiegen die Preußen eine doppelte Übermacht.

Kirche, Gegenlicht

Der Mythos macht die preußischen Soldaten und ihren König zu Kultfiguren in Europa.

Stich

Historienmaler und kaiserliche Schulbücher tun ihr übriges. Der Choral von Leuthen und ähnliche pathetische Legenden machen vergessen, wie blutig und bestialisch diese Gemetzel sind. Eine halbe Million Tote kosten diese Kriege.

Schlachtbilder, Rapsfeld

"Ich will meine Machtstellung behaupten oder untergehen und alles, selbst den Namen Preußens, mit ins Grab nehmen", beharrt der König, obwohl der Krieg nicht mehr zu gewinnen ist. In der Schlacht bei Kunersdorf denkt er gar an Selbstmord.

F II., Kunersdorf

"Ich habe keine Hilfsmittel mehr, ungelogen, ich halte alles für verloren. Den Untergang meines Vaterlandes werde ich nicht überleben. Adieu für immer Frederic." Ein königlicher Hasardeur verabschiedet sich von seinem Volk, seinem Staat, seinem Amt.

20:25 Moderation, Krieg, Teil 2, 21:06

Aber dem Sonntagskind Fritz ist das blinde Schicksal hold. Die Zarin Elisabeth die Erste stirbt 1762 und ihr Neffe Peter der Dritte ist ein glühender Verehrer von Friedrich dem Großen, und er verbündet sich mit Preußen. Jetzt hat Frankreich auch keine Lust mehr zu kämpfen und Österreich muß aufgeben. Friedrich darf Schlesien behalten. Für den Grabstein der Zarin dichtet unser preußischer Zyniker:"Hier, Wanderer, ruht Messaline, des Russen, des Kossaken, Konkubine.

21:06 Sanssouci , 22:39 > Musik, 1/12<

Bilder: Sanssouci, Gemälde, Porträts, Ausschnitte aus der Oper, etc.

In den Friedensjahren wird Schloss Sanssouci, 1747 fertiggestellt, zum Synonym für das intelektuelle Preußen. Hier führt der Philosoph auf dem Thron das Leben eines musizierenden, komponierenden, schreibenden und disputierenden Herrschers, der mit bescheidenem Prunk diszipliniert sein Land regiert. Hofsprache ist nun wieder französisch...An der Tafelrunde des Idealmonarchen eine Symbiose von Geist und Macht, an seinem Tisch Geistesgrößen wie Voltaire, den Friedrich trotz heftigen Streits sein Leben lang allen anderen vorzieht.

Studio, Porträts

Einer der wenigen Deutschen, die Friedrich akzeptiert ist der Hallenser Professor Christian Wolff.

Ansonsten will es der König nur mit französischer Denkart zu tun haben.

Franzosen prägen die Berliner Akademie, die Enzyklopädisten Diderot und d'Alembert sind umworbene Korrespondenzpartner. Immerhin, der deutsche Verleger Nicolai darf zuweilen in der Tafelrunde sitzen, auch der Jude Moses Mendelssohn, aber die Akademie bleibt ihm verschlossen,

Goethes "Götz" hält der frankophile König für barbarisch,

und Kant wird von Friedrich ebenso wenig beachtet wie Lessing, von dem man mit großem Erfolg in Berlin ein Stück aufführt...

22:39 Katharina Thalbach: Minna, 24:02

Im Jahre 1766 beendet ein hoffnungsvoller junger Autor aus Sachsen ein Gegenwartsstück, in dem auch der preußische König vorkommt. Das Stück spielt in einem Berliner Gasthaus, handelt von einem preußischen Major, Veteran des siebenjährigen Krieges und von seiner sächsischen Freundin Minna.Die preußischen Behörden tun sich sehr schwer mit der Aufführung der "Minna von Barnhelm". Ein Major, der sich kritisch gegen den König äussert. Mm. Nee. Schließlich gelingt es aber doch, 1768, in Berlin die Minna aufzuführen. Und die Berliner sind begeistert, bis einige Verwandte des Königs, natürlich ohne den Alten Fritz, die Aufführung besuchen.Diesmal traut sich das Publikum nicht lauthals "Bravo" und "Da capo" zu schreien. Das Stück wird abgesetzt. (Huch) - Der enttäuschte Autor, ein Herr Gotthold Ephraim Lessing, äussert dazu: "Lassen Sie einen auftreten in Berlin, der für die Rechte der Untertanen und gegen die Aussaugung und den Despotismus seine Stimme erhebt, und sie werden bald die Erfahrung haben, welches Land bis auf den heutigen Tag das sklavischste Land in Europa ist."

24:02 Schlesien, Oderbruch 26:21, > Musik 1/24 <

Denkmal

Bald ein halbes Jahrhundert ist Friedrich II. preußischer König, etwa 10 Jahre davon verbringt er auf den Schlachtfeldern der schlesischen Kriege. Die übrige Zeit bemüht er sich um die Verbesserung, um das Retablissement, seines Landes.

Schlesien, Gebäude

Im eroberten Schlesien lässt er in wenigen Jahren 750 neue Schulen bauen, 250 protestantische und 500 katholische und die Katholiken dürfen die Kirchen behalten, die sie den Protestanten genommen haben. Das preußische Toleranzprinzip zeichnet diesen Staat unverändert vor vielen europäischen Staaten aus, in denen die Machthaber ihre Religion immer noch zum Dogma machen.

Totale: Oderbruch

Im brandenburgischen Kernland werden Kanäle gebaut und riesige Sümpfgebiete urbar gemacht. 1753 ist die Trockenlegung des Oderbruchs beendet. Ein Mammutprojekt. 32.500 Hektar Land sind gewonnen, 50 neue Dörfer gegründet.

Häuser in Wuschewier

Bis zu Friedrichs Tod finden über 100.000 Kolonisten in der Kur- und Neumark eine neue Heimat. Mit diesen Maßnahmen gelingt es ihm auch, die Zahl der freien Bauern zu vergrößern. Denn trotz königlicher Gesetze zum Schutze der abhängigen Bauern ist deren Situation immer noch katastrophal.

Der König unterm Volk

Friedrich II. hat es zwar geschafft, den Kartoffelanbau einzuführen, aber am Ende fehlt im die Kraft, die Verhältnisse auf dem Lande und die Gleichheit vor dem Gesetz durchzusetzen.

Ausschnitt F II.

Der Alte Fritz heisst er nun bei seinen Untertanen.

Stich, Teilung Polens

1772, Friedrich hat sich längst vom Kriegeführen verabschiedet, fällt ihm bei der ersten polnischen Teilung Westpreußen in den Schoß, die Landbrücke zwischen Pommern und Ostpreußen.


Karte, 1772 (1786)

Preußen ist so groß wie nie zuvor, der Staat reicht vom Rhein bis zur russischen Grenze, von Nordhausen bis zur Ostsee, von Böhmen bis nach Memel.

26:21 Residenzen und Prestige, 27:14 > Musik, 4/6 <

Preußen ist neben Österreich zur zweiten deutschen Großmacht aufgestiegen.

Der preußische Staat genießt Respekt in Europa.

In Berlin und Potsdam entstehen unter Friedrich prächtige Bauten. Die Residenzen gewinnen an Glanz. Wirtschaft und Finanzen sind erholt, die Armee ist auf 190.000 Mann angewachsen, die Bevölkerung hat sich verdoppelt und - der preußische Untertan ist entstanden.

Gehorsam, Obrigkeitsglaube prägen ihn ebenso wie Fleiß, Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Genügsamkeit, stoische Pflichttreue und Opferbereitschaft.

Preußische Tugenden, die sich eines Tages als verhängnisvoll erweisen werden.

27:14 Ende, Abspann, 28:40

Porträt F II.

"Ich habe als Philosoph gelebt und will als solcher begraben werden, ohne Pomp, ohne Prunk und ohne die geringsten Zeremonien...Man bestatte mich in Sanssouci ganz schlicht auf der Höhe der Terasse, rechterhand..." hatte Friedrich II. in seinem Testament verfügt.

Schwenk Sanssouci,

Auch das hat sich die Geschichte gemerkt, preußische Bescheidenheit, preußische Selbstlosigkeit... Kein Monument, kein Denkmal, eine Grabplatte... Aber so kam es nicht. Denn erst über 200 Jahre später werden die sterblichen Überreste des Königs nach mancherlei Irrfahrten durch Deutschland und die deutsche Geschichte in Sanssouci beigesetzt. Da war Preußen schon ein halbes Jahrhundert von der Landkarte verschwunden.

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