Karte 1866

Leon Michael Przyluski

geboren5.10.1789 in Streszynek bei Poznan

gestorben12.3.1865 in Poznan

Priester

1844 bis 12.3.1865 Erzbischof von Gnesen-Posen

Leon Michael Przyluski wurde im Jahre 1789 bei Posen geboren, besuchte hier das Gymnasium und das geistliche Seminar, bevor er ab 1811 das Studium der Theologie in Breslau aufnahm. Nach Beendigung seines Studiums und der Weihe zum Kaplan übte er für einige Jahre das Amt eines Pfarrers aus und weilte dann für eine gewisse Zeit im Ausland, vor allem in Rom, um hier seine Doktorarbeit über ziviles und kirchliches Recht vorzubereiten. Ab 1824 übernahm er wiederum offizielle Funktionen in Posen, in denen er seine Sympathie für die polnische nationale Bewegung zum Ausdruck brachte. Nach dem Tod des Erzbischofs Dunin-Sulgustowski im Jahre 1842 war Przyluski der aussichtsreichste Nachfolger und erfreute sich zudem der Unterstützung Friedrich Wilhelms IV. – seine Wahl erfolgte 1844 durch beide Kapitel von Gnesen und Posen.

Seine neue Aufgabe als Erzbischof verlangte nicht nur seelsorgerische, sondern auch politische Aktivitäten. 1848 forderten die Polen seine Unterstützung der nationalen Bewegung und obwohl Vertreter des Legalismus und seiner bisherigen Verurteilung revolutionärer Akte unterstrich er gegenüber der preußischen Regierung seine Recht, die polnische Gesellschaft zu repräsentieren. So stand er an der Spitze einer durch das Nationalkomitee gewählten Delegation, die dem König in Berlin die polnischen Forderungen unterbreitete, vor allem die nach begrenzter Autonomie. Später rät er der Geistlichkeit, sich den Deutschen in einer legalen Wahl entgegen zu stellen und überbrachte in Berlin eine Unterschriftenliste für die Belange des Kreises Posen.

In der Folgezeit setzte sich Przyluski mit Fragen der konstitutionellen Freiheit auf dem Gebiet der Kirche auseinander und für die Seelsorge ein. Sein Versuch, eine theologische Schule mit polnischem Charakter zu gründen, scheiterte am Widerstand der preußischen Regierung. Des weiteren kümmerte er sich um die Ausbreitung der Idee der Barmherzigkeit und ein angemessenes Niveau katholischer Schulen, wobei er immer wieder an seine polnische Herkunft erinnerte. Vor diesem Hintergrund ermahnte er 1858 die Diözese, den nach Teilung der Gesellschaft strebenden Stimmen kein Gehör zu schenken und setzte sich drei Jahre später für den polnischen Kampf um einen Sitz im preußischen Landtag ein. Dabei verfasste er einige Rundschreiben, in denen er den Priestern die Möglichkeit zur politischen Agitation eröffnete.

1862 bemühte er sich, die Kirche der drei Teilungsgebiete in Rom zu repräsentieren, wobei er eine positive Aufnahme durch Papst Pius IX. erfuhr. Als sich jedoch die preußische Regierung wegen der auftretenden Erscheinungen von Zerrüttung über Przyluski in Rom beklagte, war Pius schließlich bereit, den Erzbischof als Kardinal an den Heiligen Stuhl zu berufen. Hintergrund dieser Intervention war vor allem die Unterstützung Przyluskis von Trauerfeiern und nationalen Gedenkgottesdiensten, die nach Ansicht von Bismarck den nationalen Widerstandsgeist schürten. Die Abberufung Przyluski wurde jedoch durch seinen Tod am 12. März 1865 verhindert.