Karte 1922

20. März 1921    Oberschlesien wird geteilt

Erste Bestrebungen eines polnischen Nationalismus, der auf eine Abtrennung Oberschlesiens vom Deutschen Reich zielt, gibt es bereits seit der Jahrhundertwende. In dieser Zeit wandern über 70.000 Polen in das oberschlesische Industriegebiet ein, zumeist als billige Arbeitskräfte.

Es gründen sich zahlreiche Vereine, die, unterstützt von einer sich herausbildenden polnischen Oberschicht, für die polnisch-nationale Idee werben. Diese Entwicklung wird vom Ausgang des Ersten Weltkrieges verstärkt. Im Mai 1919 eröffnet Frankreich während der Versailler Vertragsverhandlungen Deutschland seine Friedensbedingungen: „Polen erhält ganz Oberschlesien mit einigen Gebieten Mittelschlesiens, die Provinz Posen und Teile von Westpreußen mit Danzig sowie von der Provinz Ostpreußen den Kreis Soldau“. Das Hultschiner Ländchen soll der Tschechoslowakei zugeschlagen werden.

In Reaktion auf die Versailler Forderungen und der polnischen Annexionsansprüche gründet sich in der deutschen Bevölkerung der „Verband Heimattreuer Oberschlesier“.

Organisierte Massenproteste veranlassen die Siegermächte zur Durchführung einer Volksabstimmung in Oberschlesien über dessen staatliche Zukunft.

Im Vorfeld der Abstimmung verschärfen sich die politischen Spannungen dramatisch. Unter Führung des ehemaligen Reichstagsabgeordneten Wojciech Korfanty versuchen militante Gruppierungen die Bevölkerung für die polnische Seite zu gewinnen. Um vor der beabsichtigten Abstimmung vollendete Tatsachen zu schaffen, wird am 16. August 1919 der „polnische Aufstand“ ausgerufen. Nach dessen blutiger Niederschlagung durch die deutsche Reichswehr wird die Verwaltungsmacht in Oberschlesien der „Interalliierten Kommission für Regierung und Abstimmung“ übertragen. Die Reichswehr muß Oberschlesien räumen, die Polizei in Abstimmungspolizei („Apo“) umgruppiert und das Land vom übrigen Reichsgebiet abgeriegelt.

Ein zweiter polnischer Aufstand trifft am 20 August 1920 auf den Widerstand deutscher „Selbstschutzverbände“, es kommt erneut zu blutigem Gemetzel.

Gemäß den Bestimmungen des Friedensvertrages von Versailles wird die angekündigte Volksabstimmung über die Zugehörigkeit des Landes zu Deutschen Reich oder zu Polen am 20. März 1921 durchgeführt. Bei einer Wahlbeteiligung von 98 % entscheidet sich die Mehrheit der Einwohner (59,6 %) für einen Verbleib beim Deutschen Reich gegenüber 40,4 %, die für einen Anschluß an Polen votieren. Eine Aufschlüsselung des Abstimmungsergebnisses ergibt eine polnische Mehrheit in 597 Gemeinden vor allem im Osten und Südosten Oberschlesiens und eine deutsche in 664 Gemeinden.

Nach ihrer Niederlage ruft die polnische Seite am 2. Mai 1921 den dritten polnischen Aufstand aus. Am 21. Mai 1921 kommt es zu blutigen Kämpfen zwischen Polen und Deutschen am oberschlesischen Annaberg. Alliierte Truppen erzwingen schließlich einen Waffenstillstand.

Zur Regelung der Oberschlesienfrage wird im Völkerbund ein Ausschuß gebildet, dessen Bericht Grundlage für die Entscheidung der Pariser Botschafterkonferenz am 20. Oktober 1921 wird: Oberschlesien wird so geteilt, dass Polen und das deutsche Reich je einen Anteil an dem Gebiet erhalten, der dem Abstimmungsergebnis prozentual entspricht. Die Grenze wird zwischen den mehrheitlich polnischen und deutschen Gemeinden gezogen. Damit fallen 90 % des oberschlesischen Kohlevorkommens sowie die Zink-, Blei- und Silberhütten an Polen.

Volksabstimmung in Oberschlesien

Vor der Abstimmung in Oberschlesien