Karte 1803

Wilhelm Heinrich Wackenroder

geboren13. 7.1773 in Berlin

gestorben13. 2.1798 in Berlin

Schriftsteller, Jurist

Wilhelm Heinrich Wackenroder wurde als einziger Sohn eines preußischen Justizbeamten geboren. Die Vorfahren, unter denen sich Geistliche, Professoren und Juristen befanden, waren vermutlich im 15. Jahrhundert wegen der Hussitenkriege aus Mähren nach Rügen und Stralsund ausgewandert. Von dort war der Vater Wackenroder 1748 nach Berlin übersiedelt und zum Ersten Justizbürgermeister und Geheimen Kriegsrat aufgestiegen. Seinen Sohn schickte er auf das Friedrichwerdersche Gymnasium, wo dieser Ludwig Tieck kennenlernte, mit dem ihn bald eine innige Freundschaft verband. In seiner Familie war Wackenroder bereits früh mit Musik und Literatur in Berührung gekommen. Bei Karl Friedrich Christian Fasch, dem Begründer der Sing-Akademie zu Berlin, erhielt Wackenroder Unterricht in Geige und Komposition, den er später bei Karl Friedrich Zelter fortsetzte. Während dann Tieck in Halle sein Studium begann, musste sich Wackenroder auf Geheiß seines Vaters ein Jahr lang in Berlin bei einem Assessor juristisch bilden, bevor er sein Studium in Erlangen begann. Von dort aus unternahm er mit dem Freund und allein ausgedehnte Wanderungen in die durch das Barock geprägte fränkische Kulturlandschaft mit ihren Kunstschätzen und Bauwerken. Das mittelalterliche Nürnberg war in wenigen Stunden zu Fuß erreichbar, ebenso lagen Bamberg und Bayreuth nicht fern. Auf diesen Ausflügen und Besichtigungen, die ihn mit dem Freund Pfingsten 1793 zu Pferd auch in die fränkische Schweiz führten, endeckten beide ihre Liebe zur "altdeutschen" Kunst ebenso wie zu Burgen, Ruinen und Klöstern. In ihren Reisetagebüchern, die sie auf ausdrücklichen Wunsch ihrer Eltern führten, lieferten sie die Stichworte für die Romantik, als deren frühe Vertreter sie gelten. Wackenroder wechselte nach Göttingen zu Tieck, um noch ein Semester Kunstgeschichte anzuhängen, bevor er 1794 nach Berlin zurückkehrte, um als Kammergerichtsassessor seine juristische Laufbahn zu beginnen. 1796 erschien in der Zeitschrift "Deutschland" Wackenroders Aufsatz "Ehrengedächtnis unsers ehrwürdigen Ahnherrn Albrecht Dürers" und 1797 anonym in Berlin die "Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders", eine Sammlung erzählender und kunsttheoretischer Beiträge, an der auch Tieck beteiligt war. Sie enthielt zumeist an Heiligenviten erinnernde Malerbiographien, deren Vorlagen die "Vite de'più eccelenti architetti, pittori ed scultori" von Giorgio Vasari (1550) und die "Teutsche Academie der edlen Bau-, Bild- und Mahlerykünste" (1675-1679) von Joachim von Sandrart waren. Ausserdem fand sich darin die autobiographische Erzählung "Das merkwürdige musikalische Leben des Tonkünstlers Joseph Berglinger", in der Wackenroder die Thematik des zwischen reiner Hingabe an die Kunst und der niederen Bürgerlichkeit gespaltenen Künstlers vorwegnimmt, wie sie später unter anderem E.T.A. Hoffmann in seinem Werk thematisierte. Wackenroders Hoffnungen auf ein Leben als Dichter ("Nur Schaffen bringt uns der Gottheit näher; und der Künstler, der Dichter, ist Schöpfer. Es lebe die Kunst! Sie allein erhebt uns über die Erde, und macht uns unsers Himmels würdig") erfüllten sich nicht. Er starb 1798 noch vor seinem 25. Geburtstag an einem plötzlichen Nervenfieber. Die "Phantasien über die Kunst für Freunde der Kunst" gab Tieck 1799 aus dem Nachlaß heraus. Den zusammen mit Wackenroder begonnenen Bildungsroman "Franz Sternbalds Wanderungen. Eine altdeutsche Geschichte", der die Thematik der "Herzensergießungen" fortführte, musste Tieck allein vollenden (1798). Auch mit dem umfangreichen Briefwechsel bleibt das Gesamtwerk des früh Verstorbenen schmal, hatte aber auf die Epoche der Romantik, die er mitbegründete, grossen Einfluss.

Wilhelm Heinrich Wackenroder